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plötzlich einen Erlass des Kaisers an Wallenstein[1], in welchem ihm mitgetheilt wird, er, der Kaiser, habe ihn zum „Capo“ über all’ seine Truppen, die zur Zeit im Reich und in den Niederlanden vorhanden seien oder noch dahin abgeordnet werden möchten, „benennt und fürgenommen“. Dies Schreiben wird in den bisher bekannt gewordenen Bairischen und Spanischen Gesandtschaftsberichten nicht erwähnt, es scheint also geheim gehalten zu sein. War aber an einer solchen Geheimhaltung etwas Auffallendes? Man beachte doch zweierlei: erstens, die wirklichen Rechte eines Feldherrn werden durch ein Patent des Kriegsherrn übertragen; ein Patent, d. h. ein für das Heer und alle Welt kundbarer Erlass war aber das Actenstück vom 7. April keineswegs[2]. Als ein lediglich an Wallenstein gerichtetes Schreiben besagte es weiter nichts, als dass er zum Feldherrn ausersehen sei; ausdrücklich werden auch die Weisungen, wohin er sich verfügen solle, noch vorbehalten: einstweilen soll er sich nur „in guter Bereitschaft halten“. Zweitens von der Aufstellung einer feldtüchtigen Armee ist vollends nicht die Rede. Die Möglichkeit, dass ein dahingehender Entschluss gefasst werde, kann man wohl aus dem Hinweis auf die Truppen, die noch ins Reich verordnet werden möchten, herauslesen, jedoch nur als eine in die Zukunft gehende Möglichkeit. Wenn aber so alles für die Zukunft vorbehalten wurde, so konnte in der Geheimhaltung nichts Auffallendes liegen, wenigstens für diejenigen nicht, welche die Selbständigkeit der kaiserlichen Regierung anerkannten.

Infolge des Erlasses vom 7. April traf Wallenstein kurz vor dem 12. d. Mts. in Wien ein und verhandelte während eines mehrtägigen Aufenthaltes[3] über die seinem Oberbefehl zu unterstellenden Streitkräfte. Da soll sich nun abermals die misstrauische Geheimhaltung der kaiserlichen Regierung zeigen, es sollen der päpstliche, der Venetianische, der Bairische Gesandte in der falschen Vorstellung gehalten sein, dass Wallenstein abwechselnd

  1. Hallwich in der Zeitschr. f. allgem. Geschichte I S. 119.
  2. Richtig fasst nur Hallwich (a. a. O.) den Charakter desselben, ohne indess die Folgerungen zu ziehen.
  3. Er ist in Wien am 12. April (Padavino, April 12. Gindely I S. 46). Er kommt wieder in Prag an am 26. April. (Zeitung aus Prag, April 26. Mährisch-Schles. Gesellschaft XXII S. 137.)
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_04_017.jpg&oldid=- (Version vom 3.12.2022)