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erst den verdienstvollen Arbeiten Goll’s verdanken; manche neue Aufschlüsse sind wohl noch aus den ungedruckten Böhmischen Quellen, namentlich denen des Brüderarchivs zu Herrnhut zu gewinnen. Unsere vorausgegangenen Erörterungen machten es wahrscheinlich, dass die grosse Menge der Böhmischen Waldenser, vor allem derjenigen im südlichen Böhmen, im Husitismus aufgegangen ist; noch zu Lebzeiten von Hus waren, wie wir oben sahen, die Waldenser als die natürlichen Bundesgenossen des Reformators bezeichnet[1], und Anhänger der Husitischen Richtung, mit Recht oder Unrecht, als Waldenser inquirirt worden[2]; Johann Papausek nennt in seiner Schilderung der Ereignisse von 1419 ff. die Taboriten geradezu Waldenser, und ebenso werden die Husitischen Radicalen von dem Wiener Theologen Thomas Ebendorfer im Jahre 1445 als Böhmische Waldenser bezeichnet[3]. Dass die Verschmelzung der Waldenser mit den Taboriten ohne jeden Conflict vor sich ging, ist schwerlich anzunehmen; namentlich die schwankende Haltung der Taboriten gegenüber der Frage nach der Berechtigung des Krieges, der Todesstrafe und des Eides und gegenüber der Lehre von der Wandlung im Altarsakramente[4]

  1. Vgl. oben S. 381 Anm. 4.
  2. Ueber den gegen Nicolaus von Welemowicz, genannt Abraham, als angeblichen Waldenser 1408 eingeleiteten Process and dessen Vertheidigung durch Hus vgl. Palacky, Documenta mag. Joannis Hus vitam illustrantia S. 184. 342. 731.
  3. Höfler, Geschichtschreiber III, 159. Vgl. die von Goll (Mittheilungen des Oesterr. Inst. IX, 342) angeführte Stelle des Joh. Pribram. Döllinger Beiträge II, 632 f.
  4. Vgl. darüber Goll II, 47 f. Dass in den ersten Anfängen des Taboritenthums das absolute Verbot des Tödtens aufgestellt wurde, geht aus der von Preger S. 99 angezogenen Stelle der Antithesen von 1418 hervor. Vgl. v. Bezold, Zur Geschichte des Husitenthums S. 21. In dem von Goll II, 60 mitgetheilten Briefe Jacobell’s an Johann Jičin vom Jahre 1419 heisst es dagegen schon: Nonne prius predicastis contra occisionem et quomodo iam res sit versa in oppositam qualitatem! Unter den Ketzereien, welche auf dem Basler Concil den Böhmen zum Vorwurf gemacht worden, begegnet auch der Vorwurf, dass die Todesstrafe von ihnen unbedingt verworfen würde. Gelegentlich einer darüber geführten Discussion erklärte Nicolaus von Pilgram mit aller Bestimmtheit: de homicidio dico, quod secundum legem dei communem non licet per homicidium puniri (Monumenta concilior. general. saec. XV. T. I, 309; 347). Als der Mag. Aegidius Carlier in einer Sitzung des Basler Concils die Berechtigung der Todesstrafe vertheidigte, bemerkte Rokyczana, in vielen Jahren sei, dem göttlichen
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 396. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_396.jpg&oldid=- (Version vom 1.11.2022)