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auch der Antheil des Peter von Dresden an der Einführung des Laienkelches als nicht zureichend bewiesen gelten, so kann doch die Bedeutung der Dresdener Magister und ihrer Deutschen Scholaren für das Emporkommen der radicalen Richtung in Prag um 1417 nicht ernstlich bestritten werden[1]; auch daraus folgt ohne Weiteres, dass die Husitische Bewegung in jener Zeit noch eine überwiegend religiöse gewesen ist, die erst durch Husens Verbrennung und durch die nachfolgenden Glaubenskriege ihren, in den zeitgenössischen Berichten auch fälschlich den Anfängen des Husitismus beigelegten, national-Tschechischen Charakter aufgeprägt erhalten hat. Dass aber auch in der Periode der heftigsten Entzweiung zwischen Böhmen und Deutschland der radicale Husitismus durch eine höchst rührige Propaganda die Verbindung mit den kirchenfeindlichen Elementen in Deutschland, namentlich mit dem Waldenserthum, aufrecht erhalten hat, diese Thatsache glaubte ich bereits an anderer Stelle als ein Zeugniss für den vielfach unterschätzten religiösen Gehalt der Taboritischen Bewegung bezeichnen zu dürfen[2].

So anziehend es erscheint, die Geschichte des Böhmischen Waldenserthums während und inmitten der wildbewegten Zeit der Husitenstürme zu verfolgen, so spärlich sind leider die Anhaltspunkte, die uns hierfür zu Gebote stehen, und die wir meist

    Höfler S. 106 ff.), bei welcher es Palacky offenbar an der Objectivitat des Urtheils fehlen lässt. Ueber Laurentius „Teutonicus“ von Reichenbach, Pfleger der Burg Landsberg vgl. Höfler II, 740; 742; 745. Friedrich Reiser wurde von Procop dem Grossen um 1433 nach dem Deutsch-Böhmischen Landscron gesandt, um dem dortigen Deutschen Priester der Taboriten zur Seite zu stehen (Böhm, Friedrich Reiser’s Reformation des Kaisers Sigmund S. 84). Die beiden Deutschen Husiten, Bartholomäus Rautenstock und Johann von Drändorf sind gleichfalls in Böhmen als Geistliche thätig gewesen (s. oben). Aus dem Husitischen Anhang unter der Bevölkerung der Deutschen Städte Landscron und Fulnek erwuchsen später Gemeinden der Böhmischen Brüder, deren in Deutscher Sprache abgefasstes Gesangbuch noch erhalten ist (Loserth in den Mittheilungen des Vereins für Gesch. der Deutschen in Böhmen XXII [1889] S. 215 ff). Den Prager Utraquisten Deutscher Nationalität wurde um 1420 die Kirche zum heiligen Geiste eingeräumt (Höfler I, 396. Vgl. auch ebenda I, 370). Die Böhmischen Gesandten auf dem Baseler Concil bestanden darauf, ihren Begleitern in Deutscher Sprache zu predigen, weil diese zum Theil nicht Tschechisch verstünden (Palacky III, 3, 70).

  1. Vgl. oben S. 356 ff.
  2. Husitische Propaganda S. 241.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 395. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_395.jpg&oldid=- (Version vom 1.11.2022)