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die Flucht nach Böhmen und der Mark Brandenburg gerettet haben[1].

Auch Steyer, das in allen Oesterreichischen Waldenserverfolgungen von 1260 bis 1390 ff. eine so bedeutsame Rolle spielte, finden wir um die Mitte des 15. Jahrhunderts nochmals in Verbindung mit einem Ketzerprocess genannt. Im Jahre 1445 hatte sich Johannes Trinhuber aus Steyer vor der Inquisition in Wien zu verantworten[2]. Die ihm von dem Wiener Theologen Thomas Ebendorfer von Haselbach beigemessenen Angriffe gegen die kirchliche Lehre reichen allerdings nicht aus, um seine von der Inquisition angenommene Zugehörigkeit zur Waldensischen Secte überzeugend nachzuweisen; um so schwerwiegender ist die ihm von seinen Anklägern vorgerückte eigene unbedachte Angabe des Angeklagten, dass er zu den Steyerer Ketzern gehöre, dass er sich nur durch die Flucht nach Wien der Verbrennung entzogen habe, dass sein väterliches Haus eine Ketzerherberge gewesen[3]. Trinhuber, den wir demnach mit grösster Wahrscheinlichkeit dem Steyerischen Waldenserkreise zuzurechnen haben, entging auch in Wien dem Feuertode, indem er sich zu öffentlichem Widerrufe der ihm zur Last gelegten Irrthümer verstand.

Gegen Oesterreichische „Husiten“ ist dann auch noch im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts eingeschritten worden; 1479

  1. Goll I, 30ff.; 35; 100; 118; 120; 131; 136. Camerarius, Narratio de fratrum orthodoxorum ecclesiis S. 104 f., 116. „Husitische Propaganda“ S. 290.
  2. Vgl. J. v. Döllinger, Beiträge zur Sectengeschichte des Mittelalters II, 632 ff. Wenn Trinhuber als früher von ihm festgehaltene Glaubenssätze angibt, die Welt sei zeitlich ohne Anfang und Ende, Christus sei am Donnerstag gekreuzigt worden, Adam habe für Christus gelitten, alle Galiläer seien Heilige u. dgl., so ist darauf wohl um so weniger zu geben, als der Angeklagte jene Geständnisse zum Theil wieder zurücknahm; die Folter oder die Kreuzverhöre des Inquisitors mögen den ungebildeten Mann zum Eingeständniss dieser absonderlichen Ketzereien genöthigt haben. Thatsächlich wird wohl sein, dass er die katholischen Priester als Lügner bezeichnet und über den kirchlichen Cultus sich verächtlich ausgesprochen hatte. Im ersten Stadium seines Processes zeigte er Standhaftigkeit und erklärte, bei seinem Glauben bleiben zu wollen.
  3. a. a. O. S. 634: fassus est pluries dixisse, quod sit natione de Stira haereticus et, si non aufugisset de Stira, dudum fuisset combustus et crematus, et quod in domo paterna fuerit fovea hereticorum: dixit tamen hoc se dixisse ex levitate.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 383. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_383.jpg&oldid=- (Version vom 23.12.2022)