Seite:De DZfG 1890 03 369.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Steyer – die eine der diesen Brief enthaltenden Handschriften nennt speciell die Waldensergemeinde zu St. Peter in der Au (östlich von Steyer) – zugegangen war, und in welchem die Oesterreichischen Waldenser ihren Italienischen Genossen von ihrer Verfolgung durch die Inquisition und dem Abfall einiger Meister berichtet hatten. Zu den Letzteren gehörten die Brüder Siegfried, Petrus, Johannes, der vielleicht mit dem Renegaten Johannes Lesser identisch ist, und, wie es scheint, Johannes von Prag; auch ein Heinrich von Krems wird in diesem Zusammenhang genannt[1]. Der Uebertritt jener Glieder der Secte zum Katholicismus wurde für diese um so gefährlicher, als die Abgefallenen sich auch sofort an die Bekehrung der ihrem Bekenntniss treu gebliebenen Waldenser machten und eine heftige Polemik gegen die Leiter der Secte eröffneten. In Zurückweisung dieser Angriffe wurde von den Lombarden die angeblich bis auf den Papst Sylvester (314–335) zurückreichende Geschichte des Waldenserthums[2] ihren Oesterreichischen Glaubensgenossen vor Augen geführt und der Anspruch der Waldensischen Meister auf Ausübung des apostolischen Berufes ausführlich begründet; scheine auch der Kreis der wahren Diener Christi durch die gegen „die Heiligen“ angestellten grausamen Verfolgungen erheblich verringert, so dürften die Gläubigen doch nicht das Vertrauen aufgeben, dass aus dem abnehmenden Mond der Kirche Christi wieder ein Vollmond werde. Seitens der abgefallenen Meister folgten auf diese Auseinandersetzungen leidenschaftliche Repliken, die vor allem sich gegen die versuchte Herstellung eines Zusammenhangs der Waldensischen Secte mit dem Urchristenthum richten und die Schwäche der von den Lombarden hierfür vorgebrachten Argumente aufdecken.

Unter dem Regiment des Passauer Bischofs Johann von Scharffenberg (1381–1387) durften die Oesterreichischen Waldenser für eine kleine Weile sich von den ausgestandenen Verfolgungen erholen; dem Bischofe hat die gegen seine ketzerischen Diöcesanen geübte Nachsicht bittere Vorwürfe seiner Gegner zugezogen[3]. Im grossen Style sollte dagegen die Oesterreichische Waldenserverfolgung

  1. Vgl. Döllinger II, 351 f.
  2. Vgl. darüber Müller a. a. O. S. 107 (83) ff.
  3. Bruschius, De Laureaco et de Patavio (Basil. 1553) S. 235.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1890, Seite 369. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1890_03_369.jpg&oldid=- (Version vom 1.11.2022)