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Die Conquête d’Irlande hängt von Girald ab; Herbert von Bosham verdient weniger Glauben. Mit Heinrich II. stirbt Altenglisch nicht nur in der Literatur der Geschichte, sondern auch der Urkunden aus.


A. Joly, Études Anglo-Normandes. Gérold le Gallois (Girauld de Barri). Caen 1888. 8°. 68 S. (Extrait des Mém. de l’Acad. nat. des sciences, arts et belles-lettres de Caen.) Dieser werthvolle Essay vertieft die Quellenkunde: Giraldus erscheint hier hauptsächlich als Schriftsteller. Seine Werke werden richtig als Vorläufer der modernen Autobiographien, Reiseeindrücke und öffentlichen Vorträge bezeichnet. Der eitle Autor glänze in Vorreden, gleichsam Kunstproben, die er besonders sammelte, und spreche in zwei Drittel der sieben von Brewer [Dimock und Freeman] herausgegebenen Bände von sich. [Dazu kommt Instructio princ., vgl. Mon. Germ. XXVII, 397, jetzt durch Warner für Rolls-series vorbereitet. Girald hat aber viele Abschnitte mehr als einmal wiederholt.] Er heuchle nur bisweilen literarische Bescheidenheit, würdige dabei die eigene Wichtigkeit für Mit- und Nachwelt über alle Massen, glaube sich damals unterschätzt, des Nachruhms aber sicher, sammle und katalogisire seine Geisteserzeugnisse mit Eifer [er kommt sich mit einem Wort historisch vor], erstrebe ihre Uebersetzung in die Volkssprachen (er ward wirklich mehrfach übertragen, unter Anderen durch den Dichter Jean de Meung), und bewahre die ihn preisende Kritik mit manchem Selbstlob fleissig auf.

Seine weite Belesenheit und die [doch damals allgemeine] Citirwuth, der praktische Sinn auch für Politik und Militärisches, das offene Auge für Menschen, Dinge und Natur in vielen von jener Zeit sonst nie beobachteten Einzelheiten, bis zur Jagd nach Anekdoten und Merkwürdigkeiten, die Entdeckerfreude, die gutmüthige Gesinnung, der heitere Optimismus, die lebendige, nur zu rhetorische Darstellung, die Liebe zu schöner Form, die zu stets erneutem Feilen treibt, werden gebührend betont. Der Stil sei von Sallust beeinflusst, die bunte Sprache liebe Antithesen und Wortspiele [die oft anderswoher stammen, wie „Vitae via“]. Joly stellt aus einigen französischen Sätzen Girald’s Umgangssprache her. [Das Sprichwort I, 218: „Tant giwe li purcel, Come volt li chael“ schon im 11. Jh. in meinen Agnorm. Gq. 226. Gegen Girald als Historiker, besonders als Beurtheiler seiner Zeit, scheint mehr Vorsicht geboten, freilich nicht im Sinne der alten keltophilen Angriffe. Er dient schwankend bald der französischen Regierung und Kirche von England, bald dem Plane, Wales kirchlich von jenen loszureissen. Dieser innere Widerspruch lag dem Sohne des Normannenritters und der Walliser Prinzessin im Blute. Er übertreibt stetig die Zahl der von seinen Verwandten besiegten

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 481. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_481.jpg&oldid=- (Version vom 26.11.2022)