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8. Juli in Folge kleinlicher Etiquettefragen[1], namentlich aber der den russischen Interessen feindlichen Haltung Frankreichs in der „polnischen“ und „nordischen“ Frage in bedenklicher Weise verschärfte. Die persönliche Abneigung des französischen Monarchen gegen die russische Kaiserin kann kaum besser charakterisirt werden, als durch seine Worte an den Gesandten Breteuil[WS 1] in Petersburg, er erachte „als das Hauptziel seiner russischen Politik, dieses Land so weit als möglich von den Angelegenheiten Europas fern zu halten“, ein Bestreben, in welchem er sogar auf den thätigen Beistand seines verhassten Gegners, des preussischen Königs, rechnen zu können glaubte. Der Versuch Breteuil’s, der ihm von Ludwig XV. ertheilten Weisung gemäss sich der Freundschaft der Günstlinge Katharina’s, eines Orloff und Bestuchew, zu versichern und mit ihrer Hilfe den russischen Hof den französischen Interessen dienstbar zu machen[2], musste nothgedrungen scheitern. Denn der Stern dieser beiden Männer war stark im Niedergange begriffen, während sich von Tag zu Tag das Ansehen des preussenfreundlichen Grafen Panin hob, was natürlich den Annäherungsversuchen Friedrich’s sehr zu gute kam.

Das Uebergewicht Frankreichs in Schweden war den Russen von jeher ein Dorn im Auge gewesen. Mit unverhohlener Freude hatten sie daher auch die Niederlage der Freiheitspartei auf dem Reichstage 1760–62 begrüsst und das energische Vorgehen der Königin Ulrike mit lebhafter Sympathie verfolgt; ja, es steht nach dem früher Gesagten ausser allem Zweifel, dass Peter III. den Machterweiterungsplänen seiner schwedischen Verwandten gegenüber eine wohlwollende, geradezu ermunternde Haltung eingenommen. Wollte man indessen seiner Gemahlin gleiche oder auch nur ähnliche Tendenzen zutrauen, so würde man völlig fehlgehen, wie dies ein namhafter schwedischer Historiker vor mehreren Jahren scharf und richtig betont hat[3]. Das Ziel, auf welches die russische Kaiserin hinarbeitete, war einzig und allein


  1. Ausführlicher bei Flassan, Histoire générale et raisonnée de la diplomatie française. 2. Aufl. Paris 1811. VI, 332–39 u. 352–64.
  2. Ludwig XV. an Breteuil, 10. Sept 1762. Broglie, Le secret du Roi. Paris 1878. II, 26, vergl. Boutaric: Correspondance inédite etc. I, 283.
  3. Vergl. Malmström, Sveriges politiska historia V, 252 u. 253.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Louis Auguste Le Tonnelier de Breteuil, französischer Gesandter ab 1760 in St. Petersburg, ab 1769 in Stockholm.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 438. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_438.jpg&oldid=- (Version vom 7.9.2022)