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Der Umschwung in den Parteiverhältnissen änderte hierin nichts. Vielmehr hielt sich der französische Botschafter Marquis d’Havrincourt auf Befehl seiner Regierung noch enger als zuvor zu den früheren Freunden, welche sich grösstenteils der Freiheitspartei angeschlossen hatten, und auch Friedrich der Grosse ertheilte seinem Gesandten Rohd in Stockholm den strengsten Befehl, sich „ni en blanc ni en noir“[1] in die inneren Parteistreitigkeiten zu mischen. Zwar trat er aus seiner Reserve bald heraus, um im Namen seiner Schwester die Abberufung des französischen Botschafters in Schweden zu verlangen; aber auf seine Anklagen antwortete das französische Ministerium mit Anschuldigungen gegen den preussischen Gesandten in Stockholm; Anschuldigungen, deren Wahrheit keinem Zweifel unterliegt[2]. Genug, der eifrige Notenwechsel zwischen Berlin und Paris führte zu keinem Resultat, ebenso wenig wie der Versuch Friedrich’s, durch seinen neuen Gesandten am schwedischen Hofe, Maltzahn, 1755 eine Versöhnung zwischen seiner Schwester und d’Havrincourt zu Werke zu bringen. Die Befürchtung, Ulrike werde sich in die Arme Russlands werfen, um die dem „bon système“ zugethane Partei zu Falle zu bringen, schien sich bewahrheiten zu wollen; denn mehr und mehr näherte sie sich den „antisenatorialen“ Mützen und dem russischen Gesandten Panin[WS 1], „der“, wie sie selbst in ihren Memoiren äussert, „sich für den Hof sehr interessirte“[3][WS 2].

Friedrich der Grosse musste eine Entscheidung treffen, ob er Frankreich sich entfremden oder ob er die Rücksicht auf ein Familienmitglied den Interessen des preussischen Vaterlandes zum Opfer bringen wollte. Natürlich wählte er das letztere und demgemäss hiess es in der Instruction an den neuen preussischen Gesandten Solms[WS 3] in Stockholm (20. Mai 1755), dass „nichts anders übrig bleibe, als dass Ew. Excellenz (Podewils) den Minister Graf Solms instruireten, den schwedischen Senat bei kommendem Reichstage gegen die Hofpartie mit zu souteniren“[4].


  1. Polit. Corr. VIII, 478.
  2. Vergl. meine Darstellung l. c. S. 42, Anm. 2 und für die später folgende Schilderung S. 48–97.
  3. Abgedr. in „Fersen’s Historiska Skrifter, utg. a. Klinckowström“. Stockh. 1867. II, 165. [Bilaga Nr. 1].
  4. Polit. Corr. XI, 156.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Nikita Iwanowitsch Panin, russischer Gesandter in Stockholm 1749–1760, danach russischer Außenminister von 1764–1780.
  2. Vorlage (in der Anmerkung): utg. g.
  3. Victor Friedrich von Solms-Sonnenwalde, ab 1755 preußischer Gesandter in Stockholm, ab 1762 am Hofe Katharinas in Sankt Petersburg.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 416. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_416.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2022)