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noch Menschen genug ein: unter Lambert aber blieben sie, wie es heisst, gänzlich fort, angeblich weil der den Hasteriensern wohlwollende Abt an dem Festtage die alte Basilica einriss, da er einen Neubau beabsichtigte, und dadurch die religiösen Gefühle der zusammengelaufenen Menge verletzte[1]. Auf der andern Seite rühmten die Hasterienser sich zahlloser Heiligenreliquien. Sie behaupteten, Andenken an den Heiland selbst und die Jungfrau Maria, ja Halsknochen des hl. Protomartyr Stephan zu besitzen[2]. Es scheint, dass sie aus diesen Schätzen auch Nutzen schlugen und dass das Volk sich von den Walciodorensern zu ihren Rivalen wandte. Um so härter für Waulsort, dessen Mönche sich dann, um der Concurrenz zu begegnen, nach einer neuen Anziehungskraft umsehen mussten. Man barg den Leib eines der ersten Aebte von Waulsort, Forannan, bei sich, von dem man eben nichts weiter wusste oder zu wissen glaubte, als dass er der erste Abt[3] und ein Schotte gewesen war. Aber man erzählte sich Wunder, die an seinem Grabe sich zugetragen, und es war fast selbstverständlich, dass der, welcher für den ersten Leiter des Stifts galt, ein Heiliger war. Bis jetzt hatte man sich jedoch augenscheinlich wenig um ihn gekümmert[4]. Da unterhielten sich die

    octavo Idus Octobris ob temporalem affluentiam prudentium consilio constituitur.

  1. Hist. Walc. c. 53. Schwerlich der wahre Grund!
  2. Es wird das offenbar mit einer gewissen Absicht gleich am Anfang einer Streitschrift hervorgehoben, welche die Hasterienser Anfang des 13. Jahrhunderts zur Vertheidigung ihrer Rechte verfassten, als Appendix zur Hist. Walc. gedr. Mon. Germ. SS. XIV, 541.
  3. Selbst wenn Forannan thatsächlich nicht der erste Abt des Stiftes war, begreift man vollkommen, wie man darauf kommen konnte, ihn dafür zu halten: da Malcalan und Kadroe nur vorübergehend Waulsort leiteten, war das Grab des Forannan vermuthlich das erste und älteste der Abtgräber in der dortigen Kirche.
  4. Dass es sich bei der Abfassung der vita S. For. darum handelte, die Verehrung für einen bis dahin wenig beachteten Heiligen in Bewegung zu setzen, geht ganz deutlich aus den mehrfachen Aufforderungen, den Heiligen zu verehren, und aus den Anstrengungen hervor, die gemacht wurden, um die Verdienste des Mannes ins rechte Licht zu stellen. So c. 13: Talibus ergo fulta suffragiis concio nostri coetus cum plebe devota magnificet deum, quod infirmitatis nostrae patronum praeclarum – magnificum Forannanum suscepit etc. – c. 22: Igitus venerabilis cultor Dei Forannanus digne venerandus est ab omnibus etc. – c. 23: Veneremur igitur, dilectissimi,
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 350. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_350.jpg&oldid=- (Version vom 1.12.2022)