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Unechtheit der Glossen der „Mater verborum“ von böhm. Gelehrten nachgewiesen, und gleich darauf folgten die trefflichen philologischen Einwendungen des Prof. Vašek gegen die Königinhofer Hs. Die Eröffnung der böhm. Hochschule in Prag (1882) und die damit verbundene Anregung der wissenschaftlichen Bestrebungen in Böhmen hatte im J. 1886 eine neue gründliche Durchforschung der angezweifelten Hss. durch alle betreffenden Disciplinen zur Folge. Obgleich die böhm. Publicistik die streng wissenschaftliche Frage in die uneingeweihten Massen des Volkes warf und einen unerhörten Terrorismus gegen die zweifelnden Forscher entfesselte, zeigte sich gegen die Erfolge der wissenschaftlichen Forschung bald der Widerstand kraftlos. Prof. Dr. J. Gebauer, dem ausgezeichneten Kenner der altböhmischen Sprache und Literatur, und seinen unerschrockenen Freunden an der böhm. Universität gehört in der That das Verdienst, „durch Hinwegräumung eines gefälschten literarischen Balastes der böhm. Nation das kostbarste Erstlingsgeschenk einer wissenschaftlichen Forschung, wie sie eine Hochschule fordert, dargebracht zu haben“.

Neben der böhm. Philologie ist es die böhm. G.-Forschung, die den grössten Nutzen aus der endlichen Beseitigung der gefälschten Hss. ziehen wird.

Vom hist. Standpunkt wurde die Unechtheit der Königinhofer Hs. oder vielmehr der drei epischen Gedichte derselben in der Publication des Prof. Dr. J. Goll: Historický rozbor básní R. Kr.: Oldřicha, Beneše a Jaroslava (Prag 1886) klargelegt. In dieser hist. Analyse werden zuerst die Resultate, zu welchen Tomek im J. 1849 in Bezug auf das Gedicht Oldřich gelangte, weiter ausgeführt, das Gedicht wird nach vergleichender Methode analysirt und die schon von Büdinger und Nebeský bemerkte Congruenz mit der Erzählung Hájek’s (16. Jahrh.) durch die Vorlage erklärt, die der Fälscher in dessen Chronik vorfand. Die Nachricht von der zweimaligen Thronbesteigung Jaromir’s, in welcher Palacký ein Merkmal besonderer Alterthümlichkeit des Gedichtes sah, weil die heimischen Chroniken davon schweigen, konnte der Fälscher aus Dobner’s Annalen (1772) schöpfen. Ebenso wurden die Quellen für die Construction des Helden eines anderen Gedichtes Beneš-Hermanov nachgewiesen, obwohl sich Palacký das Verdienst zuschrieb, diese Person erst aus den Urkunden des 11.–13. Jahrhunderts eruirt zu haben. Die ganze Schilderung des Sachseneinfalles hat eine auffallende Aehnlichkeit mit Hájek’s Erzählung von der traurigen Brandenburger Herrschaft nach dem Tode Přemysl’s II. Auch der Inhalt des dritten Gedichtes „Jaroslav“ wird vom Verf. auf seine Quellen zurückgeführt. Besonders interessant ist die Entwickelungsgeschichte der Sage von dem angeblichen Siege der Tataren bei

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_181.jpg&oldid=- (Version vom 27.8.2018)