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würde, war vorauszusehen, um so mehr musste der König darauf bedacht sein, durch genaue Untersuchung des Sachverhalts die Wahrheit an den Tag zu bringen. Matteo Visconti war, während noch der Kampf tobte, durch Nicolaus von Butrinto zum Könige geführt worden. Heinrich fuhr ihn hart an, fragte, warum er so spät komme, erkundigte sich nach dem Aufenthalt seines Sohnes Galeazzo und beschuldigte ihn geradezu des Aufruhrs und geheimen Einverständnisses mit den della Torre[1]. Matteo entschuldigte sich, wie er dies vorher bedacht hatte, damit, dass er beim Ausbruche des Tumultes zum Hofkanzler gegangen sei. Er habe diesen gebeten, ihn zum königlichen Palaste zu geleiten, denn wäre er allein gegangen, so hätte er befürchten müssen, unterwegs von deutschen Kriegsschaaren angefallen zu werden.

Da der Hofkanzler alle diese Angaben Matteo’s bestätigte, so gab sich Heinrich schliesslich zufrieden und beliess den Matteo ungehindert auf freiem Fuss[2]. Nach Niederwerfung des Aufruhrs wurde jedoch gegen die Visconti ein Verfahren angestrengt, welches denn doch den Nachweis geliefert haben muss, dass die Visconti bei dem Complott ihre Hände mit im Spiele gehabt hatten, denn Matteo wurde nach Asti, Galeazzo nach Treviso in die Verbannung geschickt[3].

  1. Dieses Benehmen des Königs lehrt aufs klarste, dass die Angabe des Ferreto von Vicenza 1061, Matteo habe kurz vor Ausbruch des Aufruhrs den König von dem Vorhaben der della Torre in Kenntniss gesetzt, unrichtig ist und nur als eine breit ausgesponnene Fabel betrachtet werden darf. Vergl. auch Dönniges, Kritik etc., p. 84–85.
  2. Dass die Visconti es in der That einzig und allein darauf abgesehen hatten, die della Torre zum Aufruhr zu verleiten, ist von mir schon oben aus einer Stelle des Nicolaus von Butrinto geschlossen worden; auch entscheidet sich die Mehrzahl der massgeblichen italienischen Chronisten in diesem Sinne. Vergl. K. Mahrenholtz, Ueber die Relation des Nicolaus von Butrinto (Diss.), Halle 1872, p. 12. Wenn wir erwägen, wie Matteo in Asti sofort gegen Guido intriguirte (vergl. S. 43 meiner Dissertation), wie er sich nur eben mit Hilfe der Deutschen in Mailand zu behaupten hoffen durfte, so werden wir es für unmöglich halten, dass er mit den della Torre ein ehrliches Spiel vorhatte. Die ganze Verschwörung war nur eine Falle, in der sich die della Torre fangen sollten. Hätte sonst Matteo den Ludovico Visconti und dessen Genossen sich zum Kampfe rüsten lassen? Hätte er sich sonst zwecklos in die Gewalt der Deutschen begeben? Hätte er nicht wenigstens abgewartet, welche Entscheidung der Kampf im Viertel der della Torre bringen werde?
  3. Alb. Mussato 343 lässt die Untersuchung „drei oder vier Tage
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_110.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2022)