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Unglück, das die vorausgesandte Reiterschaar erlitten, gehört, als er grössere Truppenmassen gegen die Aufständischen entsandte. In eiligem Ritte sprengten deutsche Reiter, geführt von dem Marschall Heinrich von Flandern und dem ehemaligen Vicar Jean de Chaux, quer durch die Stadt. Bei der Kirche des heiligen Benedikt traf man auf die immer noch ungeordnete Menge der Aufständischen. Einige Pfeilschüsse genügten, dieselbe aus ihrer ungedeckten Stellung hinter der Kirche zurückzutreiben, ein leichter Flankenangriff bewirkte ihre völlige Flucht. Nun begann ein grausiges Morden; nur wenigen Guelfen gelang es, mit Franceschino und Simone della Torre durch die Pusterla di San Marco nach Norden zu entkommen.

Guido della Torre lag unterdessen von der Gicht geplagt krank und hilflos in seinem Hause darnieder[1]. Jeden Augenblick musste er das Hereinbrechen der Feinde erwarten; da erschien noch zur rechten Zeit ein heldenmüthiger Jüngling, Rizzardo da Pietrasanta. Unter eigener Lebensgefahr war es ihm gelungen, sich noch bis zum Hause der della Torre durchzuschlagen. Jetzt riss er den von allen Vergessenen schnell aus dem Bette, trug ihn über die angrenzende Gartenmauer hinweg in das Kloster Maria von Orona und liess ihn von hier in das Haus des Rittermönches Jacopo di Beccaloe bringen, wo Guido wirklich allen Nachforschungen seiner Feinde entging[2].

Durch ein überaus schlaues Verfahren hatte, während das Schicksal der della Torre sich in wenigen Augenblicken entschied, Matteo Visconti sich vor dem Könige zu rechtfertigen und von dem Verdachte der Mitschuld zu befreien gewusst. Es hätte Matteo ja genügen können, dass ihn die deutschen Reiter am Morgen dieses verhängnissvollen Tages friedlich in seiner Behausung vorgefunden hatten. Indessen, er wollte sich noch mehr

  1. Es ist freilich sehr auffallend, dass die Guelfen, während ihr Führer Guido schwer krank war, zum Aufruhr schritten, indessen wäre es verfehlt, aus diesem Umstande, wie ältere Forscher wohl gethan, folgern zu wollen, dass sie gar nicht ernstlich eine Empörung beabsichtigt hätten. Ein strafbares Vergehen war es überhaupt schon, dass die della Torre sich bewaffneten, denn nach Nicolaus von Butrinto p. 82 war den Mailändern jedes Waffentragen durch den König aufs strengste verboten.
  2. Vergl. jedoch Joh. de Cermenate 1247–48, wo erzählt wird, wie Guido selbst hier von seinem Todfeinde Matteo Visconti fast entdeckt worden wäre.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_107.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2022)