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della Torre passiren. Zu seinem nicht geringen Erstaunen fand er hier alles in kriegerischer Bewegung, sah kampfbereite Schaaren dastehen und hörte die aufgezäumten Rosse wiehern[1]. Sofort eilte er zum Palaste des Königs, theilte diesem das Gesehene mit und erreichte, dass sofort an alle Truppen, innerhalb wie ausserhalb der Stadt, der Befehl erging, sich kampfbereit zu halten. Zugleich sicherte man den königlichen Palast durch eine starke Besatzung, bemächtigte sich, ohne Aufsehen zu erregen, des Broglio[2], des grossen Hauptplatzes, in den die Mehrzahl der Verkehrsstrassen ausmündete, und liess durch eine berittene Schaar auskundschaften, in welchem Theile der Stadt die verdächtigen Truppenrüstungen stattfänden. Ihrem Auftrag gemäss begab sich diese Schaar zum Palaste der Visconti, fand aber hier nichts Verdächtiges vor. Matteo hatte allerdings Rüstungen vorgenommen[3] – sein Verwandter Ludovico Visconti stand für alle Fälle mit einer ansehnlichen Schaar mailändischer

  1. Gesta Baldewini (ed. Wyttenbach und Müller: Gesta Trevirorum II, p. 214–215). Wir haben um so weniger Grund daran zu zweifeln, dass die Entdeckung der Verschwörung wirklich durch Herzog Leopold von Oesterreich erfolgte, da auch Joh. de Cermenate 1246 berichtet, dass Leopold „paulo ante tumultus initium paucis comitatus alumnis“ sich zum Palaste des Königs begab und bei der Rückkehr von dort durch eine zufällig (?) geschleuderte Lanze fast ums Leben gekommen wäre. Im Uebrigen hat W. Friedensburg (Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit, Lief. 67, p. 474, Anm. 1) den schlagenden Beweis geführt, dass bei Cermenate 1242 eine Lücke vorliegt, welche uns über die letzten Vorbereitungen zum Aufstand und den Ausbruch desselben im Unklaren lässt.
  2. Joh. de Cermenate 1242 berichtet, die Besetzung des Broglio sei unter dem Vorwande erfolgt, dass man einen „armen Sünder“ dem Feuertode überliefern wollte. Dazu stimmt auch Matth. von Neuenburg (Böhmer, Fontes IV, p. 182), nur verdreht dieser (resp. sein Gewährsmann Albrecht von Hohenberg) den Sachverhalt, indem er erzählt, die Verschworenen hätten vielmehr beschlossen, einen zum Tode verurtheilten Sodomiten aus der Stadt herauszuführen, um ihn zu verbrennen, so die schaulustigen Deutschen mit herauszulocken und inzwischen den König in der Stadt zu ermorden (?).
  3. Das erzählt Joh. de Cermenate a. a. O., welcher in Folge seiner nahen Beziehungen zu dem Hause der Visconti wohl im Stande war, sich darüber Gewissheit zu verschaffen. Uebrigens war es sehr schlau von Matteo, dass er an die Spitze dieser Bewaffneten den Ludovico und nicht seinen Sohn Galeazzo stellte, da letzterer sich durch seine Verhandlungen mit den della Torre compromittirt hatte.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_105.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2022)