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Beisein eines königlichen Commissars zur Verhandlung. Die Ansichten gingen beträchtlich auseinander; endlich beschloss man die Normirung der Summe Guillelmo di Pusterla, einem der angesehensten mailändischen Edlen, zu überlassen. Dieser zögerte anfangs, nannte aber dann die Summe von 50,000 Goldflorin. Damit wäre die Sache abgethan gewesen, allein Matteo Visconti, der Führer der zurückgekehrten Ghibellinen, beantragte plötzlich, man möge ausserdem noch der Königin ein Geschenk von 10,000 Goldflorin machen. Der mailändische Capitan Guido della Torre gerieth darüber in Entrüstung und schlug, um den Visconti zu übertrumpfen, vor, dann doch gleich im Ganzen 100,000 Goldflorin zu schenken[1]. Diese letztere Summe liess der Commissar,

    den Veranstalter dieses ganzen Manövers sieht. Nicolò wurde nachweislich erst Mitte Januar Vicar Mailands.

  1. So erzählt Joh. de Cermenate 1239–40. Indessen ist es schwerlich ein Zufall, dass Matteo zusammen gerade 60 000 Goldflorin fordert. Es handelt sich hier wohl um Ausführung jenes (geheimen?) Vertrages, durch den er sich am 22. December beim Aufbruch von Novara zur Zahlung von 60 000 Goldflorin verpflichtete. (Bonaini, acta Heinrici I, 107–108.) Anders freilich würde sich die Sache stellen, wenn hier nicht Joh. de Cermenate sondern Nicolaus von Butrinto die richtige Zahl böte. Letzterer berichtet nämlich, dass Guillelmo di Pusterla nur 40 000 vorgeschlagen und Matteo 10 000 hinzugefügt, mithin nur 50 000 gefordert habe. Es liegt aber, was hier nicht näher bewiesen zu werden braucht, bei Nicolaus von Butrinto durchweg die Tendenz vor, die Zahlen zu verkleinern oder zu vergrössern, je nachdem dies für die Sache des von ihm vertheidigten Königs vortheilhaft ist. Gar keinen Glauben verdient Joh. de Cermenate, wenn er berichtet, dass Guido den Vorschlag, 100 000 Goldflorin zu schenken, nicht ernsthaft gemeint habe, sondern nur ironisch gerufen habe: „Warum nicht gar 100 000? Das wäre ja eine runde Summe.“ Cermenate hat bei dieser Gelegenheit dem ihm verhassten Guido ein völlig albernes Benehmen andichten wollen. Als zweites Motiv wirkte freilich bei Cermenate auch mit, dass er die Habsucht der „deutschen Barbaren“ im denkbar grellsten Lichte erscheinen lassen wollte. (Vergl. über diesen Punkt Dönniges, Kritik der Quellen etc., p. 94.) Die Schilderung, welche Nicolaus von Butrinto 78–79 von dem Verlauf der Berathung gibt, und der auch ich in obiger Darstellung gefolgt bin, wird demnach in diesem Fall die richtigere sein. Hierbei mag übrigens nicht verschwiegen bleiben, dass der neuerdings von E. Heyck, Nicolai episcopi Botrontinensis relatio de Heinrici VII. imperatoris itinere Italico (Innsbruck 1888), p. XL ff., gemachte Versuch, den Nicolaus von Butrinto von den schweren durch O. Lorenz und K. Mahrenholtz gegen ihn ausgesprochenen Beschuldigungen zu reinigen, nur sehr
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_099.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2022)