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wohl aber im November desselben Jahres in diplomatischer Thätigkeit am englischen Hofe[1]. In den folgenden Jahren wird er verschiedentlich in niederländischen Geschäften genannt. Als Karl seine Schwester, die Königin Marie von Ungarn, mit der Verwaltung der Niederlande betraute, ernannte er Hannart ebenso zum Mitgliede ihres Rathes, wie er diese Stellung bei Margarethe eingenommen hatte. Endlich ging er 1532 als kaiserlicher Botschafter an den französischen Hof und erwarb sich in dieser schwierigen Mission die ausgezeichnete Zufriedenheit des Kaisers[2]. Es ist doch wohl undenkbar, dass ein Mann in dieser Weise das fortwährende Vertrauen des Kaisers genossen haben könnte, welcher sich gegen ihn und den Bruder in so skandalöser Weise vergangen hätte.

Es bleibt also nur die Annahme übrig, dass Hannart im August oder September 1523 wirklich eine Instruction erhalten habe, in welcher sich jener seltsame Auftrag an den Kurfürsten von Sachsen fand. Wie sollen wir uns die Möglichkeit seiner Entstehung vorstellen? Konnte er ohne Wissen des Kaisers in die Instruction aufgenommen werden? War einer der Räthe des Kaisers, war selbst Gattinara (der übrigens mit den deutschen Dingen wenig zu thun hatte) in der Lage, etwas Derartiges zu wagen? Konnte auf der anderen Seite der Kaiser so nachdrücklich erklären, er habe von der Sache nichts gewusst, wenn sie mit seiner Zustimmung geschehen war? Lag es in seiner Art, sich in so grellen Widerspruch mit der Wahrheit zu setzen, zumal dem Bruder gegenüber?

Man wird viele wichtige Momente in der Regierung des Kaisers nicht verstehen, wenn man sich nicht stets gegenwärtig hält, dass er bei all seinem Geschäftseifer doch völlig ausser Stande war, das ungeheuer ausgedehnte Getriebe seiner Politik wirklich zu beherrschen. Wie könnte man sich (um nur das auffälligste Beispiel aus dieser Periode zu erwähnen) die antipäpstlichen Schriften der Gebrüder Valdés, diese im Dienst und zur Vertheidigung des Kaisers abgefassten und doch mit dem ganzen System des Kaisers im grellsten Widerspruche stehenden Schriften erklären, wenn man annehmen dürfte, der Kaiser habe

  1. l. c. p. 1172.
  2. Biographie nationale 8, 695 ff.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_02_013.jpg&oldid=- (Version vom 22.11.2022)