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wir die Fäden der stattgehabten Beziehungen nicht in allen Punkten mit gleicher Schärfe zu verfolgen vermögen.

G. Sommerfeldt.     


Ueber den Plan der Errichtung eines Fondaco dei Tedeschi in Mailand 1472. Das deutsche Kaufhaus in Venedig hat neuerdings wieder die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf sich gezogen. Dass es sich einmal darum handelte, auch in Mailand ein solches zu errichten, konnte man aus einer kurzen Notiz E. Motta’s in der Rivista storica italiana (I, 262. not. 3) entnehmen. Da mir durch die Güte des Herrn Archivbeamten Ghinzoni in Mailand die Urkunden selbst in Abschrift vorliegen, aus denen Motta geschöpft, bin ich in den Stand gesetzt, Näheres über jenes Project mitzutheilen. Die deutsche Kaufmannscolonie in Mailand scheint es anfangs nicht gewagt zu haben, dem Herzog Galeazzo Maria Sforza ihren auf ein Fondaco hinzielenden Wunsch selbst vorzutragen, vielmehr wurde dieser Gedanke zunächst niedergelegt in einer Denkschrift, welche Taddeo de’ Busti an den Herzog gelangen liess. Busti gehörte einem mailändischen Kaufmannshause an, das nachweislich mit deutschen Kaufleuten in näheren Geschäftsverbindungen stand. Seine Denkschrift muss um den Anfang des Jahres 1472 geschrieben sein, ist aber nicht auf unsere Zeit gekommen, wenigstens bis jetzt nicht entdeckt. Ein an Busti gerichtetes Erwiderungsschreiben vom 3. Februar d. J. zeigt aber, dass sie vom Herzog sehr wohlwollend aufgenommen und weiterer Erwägung würdig befunden wurde. Auf dieses hin wandten sich erst acht deutsche Kaufleute an den Herzog mit der Bitte um die Genehmigung des Baus eines Kaufhauses für ihre Nation in Mailand (de poter fare uno fondico de loro mercantie ad Milano). Der Herzog gewann die Ueberzeugung, dass die Existenz eines solchen Hauses für ihn und seine Hauptstadt von Nutzen sein werde, und überwies (14. Nov. 1472) die Angelegenheit seinem Geheimen Rath, damit dieser unter Zuziehung von Zoll- und Steuerbeamten erwäge, ob und eventuell unter welchen Bedingungen dem Gesuch stattgegeben werden könne. Vom Geheimen Rath zu einer Besprechung eingeladen, beriefen sich die deutschen Kaufleute auf gewisse uns nicht näher bekannte Aussprüche in den Privilegienbriefen früherer Herzöge, des letzten Visconti und des ersten Sforza, und formulirten ihr neues Anliegen so: der regierende Herzog möge ihnen zu bleibendem Aufenthalt eine Wohnung (stantia) anweisen, in welcher sie weder Miethzins noch Abgaben für Brod, Wein und Fleisch zu zahlen hätten. Das Gutachten des Geheimen Raths (4. Dec.) lautete für das Project günstig, und zwar rieth derselbe dem Herzog,

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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 454. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_454.jpg&oldid=- (Version vom 21.11.2022)