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lediglich Weiterentwicklung der in der gewöhnlichen (Land-) Gemeindecompetenz liegenden Keime ist. Damit ist die Frage von allgemeinem Interesse, welche sich an den Ursprung der Richerzeche knüpft, d. h. die Frage nach dem Ursprung ihrer Gewalt, beantwortet. Nebensächlich und theilweise nur von localgeschichtlichem Interesse ist dem gegenüber die Frage, in welcher bestimmten Art und Weise die Richerzeche entstanden ist. Widmen wir indessen der Ansicht, welche Kruse hierüber ausspricht, doch noch einige Worte.

Nach Kruse sind Bürgermeister und Richerzeche nicht gleichzeitig eingesetzt worden, sondern die Bürgermeister sind älter als die Richerzeche. Früher erwähnt werden sie indessen nicht; er operirt daher nur mit inneren Gründen. In der Geltendmachung innerer Gründe zeigt er sich aber leider ebenso sehr als Anhänger der Nitzsch’schen Methode, wie er seine Gesammtauffassung Nitzsch entnimmt. Zunächst wird der Beweis geführt, dass die richterliche Stellung der Bürgermeister „uralt“ sei (S. 182). Grund zu dieser Annahme ist ihm ihr Amtsabzeichen, der Stab. „In der Natur der Sache liegt es, dass dies Symbol von Alters her den Bürgermeistern eigen war und nicht erst später von ihnen angenommen worden ist.“ Ferner schwören die Bürgermeister nachweislich seit dem Ende des 14. Jahrhunderts detaillirte Amtseide: „aber der Inhalt derselben bleibt durch Jahrhunderte hindurch so stabil, dass wir ihnen ein höheres Alter zuschreiben dürfen“ (S. 181). Hiermit hält Kruse für erwiesen, dass die Bürgermeister „uralt“ seien, während thatsächlich aus den von ihm geltend gemachten Momenten günstigstenfalls nur folgt, dass die späteren Befugnisse der Bürgermeister ebenso alt wie ihr Amt überhaupt sind. Darauf geht er dazu über, das zeitliche Verhältniss zwischen Bürgermeistern und Richerzeche zu bestimmen. Das Bürgermeisteramt sei, wie eben dargethan, „von hohem Alter“; dagegen habe sich das Hauptrecht der Richerzeche, die Verleihung des Zunftrechts, „als relativ jung“ erwiesen (S. 185). Dies ist ein unzulässiger Gedankensprung! Kruse hat vorher in Bezug auf die Verleihung des Zunftrechts nicht von einer „Relation“ der Richerzeche zu den Bürgermeistern, sondern zu dem Schöffencollegium gesprochen (S. 177 ff.)! Schliesslich erwähne ich noch folgendes Argument: Die Bürgermeister spielen – sagt Kruse (S. 185 ff.) – im 13. Jahrhundert eine grössere Rolle als die Richerzeche, während sie im 14. von dieser überragt werden[1]. Nun müsse man die Entwicklung in dem hiermit angedeuteten Gange noch weiter nach rückwärts verfolgen und gelange dann zu dem Resultat, dass im 12. Jahrhundert die Bürgermeister

  1. Inwiefern diese Behauptung richtig ist, lasse ich hier dahin gestellt.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 447. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_447.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2022)