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wurden in Warschau Pläne gesponnen. Aus einem aufgefangenen Brief des französischen Gesandten in Warschau, de Veil, vom 1. Juli 1689 erfuhr man in Berlin das Vorhandensein eines Anschlages auf Preussen (dessin sur la Prusse), der von de Veil im Auftrage seines Herrn mit Johann Sobieski und dem polnischen Grossfeldherrn erörtert war, und in einer gleichfalls intercipirten Correspondenz des in Kopenhagen beglaubigten Marquis de Béthune mit seinem Collegen Montargis wurde offen von einem Angriff auf Preussen gesprochen, dem Polen vorläufig stillschweigend zugestimmt haben sollte.

Keine Frage also, dass Preussen ernstlich bedroht war. Unter diesen Umständen war es für Brandenburg wirklich ein glückliches Zusammentreffen, dass Johann Sobieski mit dem lithauischen Kronfeldherrn zerfiel und dieser unter dem Vorwande, die polnische Freiheit liege in den letzten Zügen, offen zum Bürgerkriege rüstete und dazu um die Hilfe des Auslandes warb. Desswegen gingen der Kaiser und der Kurfürst denn auch unbedenklich auf die Anträge des Fürsten Sapieha ein. Friedrich III. liess ihm im April 1689 durch Graf Dohna eröffnen, er sei bereit, die ihm sehr am Herzen liegende polnische Freiheit nach Kräften zu schützen[1]. Da zerriss ein unangenehmer Zwischenfall das Netz der Intriguen, das die brandenburgischen Diplomaten in Gemeinschaft mit den einheimischen Gegnern des zu Frankreich neigenden Johann Sobieski gesponnen hatten. Ein Zettel mit Notizen über die finanzielle Beihilfe, die Sapieha zur Durchführung seines Unternehmens bei Friedrich III. nachgesucht hatte, wurde von v. Wichert unachtsamerweise im Palais zu Warschau liegen gelassen, dort gefunden und nun natürlich ebenso gegen die lithauische Opposition wie gegen Brandenburg ausgenutzt. Der König wollte ihn vervielfältigen und in allen Woiwodschaften circuliren lassen, um einmal unwiderleglich darzuthun, mit welchen verwerflichen Mitteln man gegen ihn arbeite. Natürlich gab dies langwierige diplomatische Erörterungen, und dem Kurfürsten blieb schliesslich kein anderer Ausweg, als v. Wichert zu desavouiren und die Sache so zu drehen, als ob der Gesandte ohne Auftrag, auf eigene Verantwortung sich mit

  1. Dohna an Warschau 23. Marz/2. April.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 440. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_440.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2022)