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hatte, konnte es für Friedrich III. keinen Augenblick mehr zweifelhaft sein, dass er unter Hintenansetzung aller anderen Rücksichten sich ganz und voll der nun in ihren Grundzügen gegebenen grossen Allianz anschloss und die Kräfte seines Landes und Volkes zur Verfügung derselben stellte, freilich nicht bloss aus kaisertreuer Gesinnung und auch nicht bloss aus Hingebung an die grosse Sache, die es galt, sondern in der seinem unruhigen Grössestreben entsprechenden Absicht, an Land und Leuten oder mindestens an Ansehen und Einfluss dabei Gewinn zu machen[1].


Diese schliessliche Entscheidung Brandenburgs bedeutete einen zweiten schweren Fehler in den Berechnungen Ludwig’s XIV.: es war nicht gelungen, seinen Gegnern die beträchtliche Verstärkung vorzuenthalten, welche die kriegstüchtige Armee des Kurfürsten ihnen zuzuführen verhiess. Hinfort dachten der König und seine Rathgeber namentlich darauf, wie sie diese treffliche, in zahlreichen Feldzügen auf den verschiedensten Schauplätzen bewährte Armee wenigstens von dem Theil des Kriegstheaters fern hielten, wo nach ihrer Meinung die Entscheidung in diesem neuen Waffengange voraussichtlich erfolgen musste, den rheinisch-niederländischen Gebieten. Die eben auftauchende sachsen-lauenburgische Frage war so wenig wie die holstein-gottorp’sche geeignet, eine Verwicklung im Norden Deutschlands zu erzeugen, welche die daran interessirten deutschen Fürsten von der Theilnahme an dem Reichskriege hätte zurückhalten können, weil dem von Frankreich unterstützten Dänemark alsbald das den Seemächten befreundete Schweden entgegengetreten wäre. Bessere Aussichten schien der französischen Diplomatie die polnisch-preussische Frage zu bieten, da sich dieser vielleicht eine Wendung geben liess, welche durch die Bedrohung der preussischen Souveränität den eigentlichen Lebensnerv der europäischen Stellung der Hohenzollern gefährdete.

Mit tiefem Groll gedachte man in Polen der listigen und rücksichtslos eigennützigen Politik des Grossen Kurfürsten und hatte es nicht verschmerzt, dass deren Triumph im Olivaer Frieden

  1. Vergl. die Absicht auf Gewinnung der Statthalterschaft in den Niederlanden für einen seiner jungen Söhne: s. Prutz, Brandenburgische Politik 1689 in der Zeitschrift f. preuss. Geschichte und Landeskunde 14, S. 315.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 432. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_432.jpg&oldid=- (Version vom 20.11.2022)