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übertrieben wird. Das glänzende Gemälde ist auch nur dadurch möglich, dass Haebler die Wirthschaftsverhältnisse Spaniens von denen des übrigen Europa isolirt; ein Vergleich mit den Niederlanden oder Italien hätte ihren kümmerlichen Stand sofort aufgedeckt[1]. Endlich macht sich Haebler über die Wirkung der Gesetze die seltsamsten Illusionen; ihr Erlass soll in kürzester Zeit die weitgehendsten Folgen gehabt haben. Schon die ständige Wiederkehr derselben Petitionen trotz der ergangenen Weisungen hätte ihn eines Besseren belehren sollen.

Um mit der Landwirthschaft zu beginnen, so soll nach Haebler[2] die Aufhebung des Verbotes der Getreideausfuhr nach Aragon im Jahre 1480 den Ackerbau in dem benachbarten Murcia so enorm gesteigert haben, dass Isabella schon 1486 der darunter leidenden Viehzucht, deren Bestand von 50 000 auf 10 000 Stück gesunken war, zu Hilfe kommen musste. Diese Wirkung ist für den kurzen Zeitraum von sechs Jahren so rapide, dass man sich billig verwundert. In Wirklichkeit verbietet die Königin die Einfuhr fremder Tuche, die die einheimische Industrie geschädigt und dadurch indirect auch die Viehzucht in dem angegebenen Masse (aber natürlich nicht erst seit 1480) vermindert habe[3]. Von einem Aufschwung des Ackerbaues ist in dem Erlass keine Rede. Wohl aber suchte ihn die Regierung auf jede Weise zu fördern; 1492 liess sie in Murcia eine Untersuchung anstellen, ob nicht Ackerland, das sich zur Anpflanzung von Reis, Sesam, Baumwolle und Hanf eigne, aus Privatinteressen dem Anbau

    (hidalguias) zu erhalten (Danvila V, 366 f.; vergl. Alberi, 1. ser. III, 233 f.).

  1. Denn was will es z. B. besagen, dass zwei der für die Tuchmanufactur wichtigsten Städte Spaniens zusammen jährlich 5000 Stück Tuch fabriciren (Haebler 67 Anm. 27), oder dass die spanische Industrie jährlich 20–30 000 arrobas (= 5000–7500 Centner) Wolle verarbeitet (Martinez Marina III, 1, 194), wenn Brügge allein 36–40 000 Ballen aus Spanien bezieht und daraus 90–100 000 Stück Tuch herstellt (Damhouder bei Sempere, Historia del luxo… de España. Madrid 1788. Vol. II, 45 Anm.). So erklären sich denn auch die wegwerfenden Urtheile der italienischen Gesandten, die Haebler (p. 47 Anm. 5) mit der schwächlichen Ausflucht zu beseitigen sucht, dass diese Vertreter der grössten Handelsstädte sich von der Missachtung des Hofes gegen die Gewerbe sollten haben anstecken lassen!
  2. p. 27 f.
  3. Clemencin 245.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 403. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_403.jpg&oldid=- (Version vom 19.11.2022)