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(p. 9) meint, sondern die Folge des thörichten Uebermuths[1], mit dem Karl und seine Vlamländer den spanischen Stolz kränkten, und durch den letztlich die Erhebung der Nation gegen die Herrschaft der Fremden herbeigeführt wurde. Denn dieser Aufstand lässt sich nicht desshalb, weil die Junta unter ihren 118 Forderungen auch einige ökonomische aufstellte, oder weil die Unruhen in mehreren der grossen Industriestädte am heftigsten tobten[2], mit Haebler (p. 9 und 52) auf wesentlich wirthschaftliche Bestrebungen der Industriearbeiter zurückführen. Im Grunde waren die comunidades vielmehr die nationale Reaction, gegen den Versuch des jungen Königs, das Land mit seinen fremden Niederländern zu regieren; und gegen das einmal erregte Misstrauen hatte Karl noch lange nach seinem Siege zu kämpfen. 1523 hatten die Vertreter den Auftrag, das servicio nicht eher zu bewilligen, als bis die Beschwerden beantwortet seien; und Karl konnte dieser Neuerung nur dadurch entgehen, dass er schriftlich sein Wort dafür verpfändete, dass die Petitionen vor dem Ende der Cortes erledigt werden sollten. Mit Recht wahrt hier Haebler[3] den König vor dem Vorwurf, die Privilegien der Stände verletzt zu haben. Aber das nach den Vorkommnissen von 1520 nur zu erklärliche Vorgehen der Abgeordneten findet bei ihm eine höchst unbillige Beurtheilung.

  1. So wird man das Verhalten der Regierung bezeichnen dürfen, wenn auch ohne Frage die Klagen der Spanier arg übertrieben sind. Welche Erbitterung musste es z. B. bei den stolzen Spaniern erregen, dass der allmächtige Chièvres, der das Land regierte, selbst Ende 1519 nicht ohne Dolmetscher sich mit ihnen verständigen konnte (Sandoval, Vida y hechos del emperador Carlos V. Lib. III, § 15).
  2. Die Rebellen verlangten übrigens nicht die Ausweisung der Fremden (Haebler p. 9), sondern ihren Ausschluss von Aemtern und Beneficien, eine durchaus politische, nicht wirthschaftliche Forderung. Ebenso war das Verbot der Geldausfuhr nach dem Vorgefallenen mehr eine politische als ökonomische Massregel. Dass endlich jeder Aufruhr in den Industriestädten mit ihrer grossen Arbeiterzahl leichter Nahrung findet als anderswo, ist so selbstverständlich, dass daraus kein Schluss auf die Tendenz der Erhebung gezogen werden kann. Uebrigens betheiligen sich einige derselben gar nicht oder nur sehr lau; so ausser Granada und Cordoba das durch seine Tuchmanufactur berühmte Cuenca, während umgekehrt andere, von deren Industrie nichts bekannt ist, wie Madrid, Leon und Toro, zu den eifrigsten Anhängern der Junta gehören.
  3. p. 97 f.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 386. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_386.jpg&oldid=- (Version vom 18.11.2022)