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hineinragenden deutschen Sprachinsel des südlichen Böhmens, in Neuhaus[1], finden wir den böhmischen und mährischen Inquisitor im Jahre 1338 in vereinter Thätigkeit[2]. Nachdem eine Anzahl der häretischen Unterthanen des Dynasten Ulrich III. von Neuhaus – sein Gebiet umschloss unter anderm das südwestlich von Tabor gelegene Deschna und die mährischen Orte Zlabings und Teltsch – ihre Ketzerei abgeschworen hatte, führte die Abreise des Inquisitors Gallus an den päpstlichen Hof zu Avignon um 1339 zu einem abermaligen allgemeinen Abfall von der Kirche. Wir erfahren aus einem an Ulrich von Neuhaus gerichteten Schreiben des Papstes Benedict XII. vom 6. März 1340, dass, ganz analog den früher von uns im Herzogthum Oesterreich beobachteten Verhältnissen, die böhmischen und mährischen Ketzer der gegen sie eingeleiteten Verfolgung entschlossen entgegentraten und durch Brandstiftung und Gewaltthätigkeiten verschiedener Art – der Papst spricht sogar von einer Fehdeerklärung der Häretiker gegenüber Ulrich von Neuhaus – die Inquisition lahmlegten. Die Angelegenheit war ernst genug, um den Neuhauser zu einer Reise nach Avignon zu veranlassen, wo ein förmlicher Kreuzzug gegen die Rebellen verabredet wurde; die Theilnehmer sollten dieselben kirchlichen Gnaden wie die Kreuzfahrer nach Palästina geniessen[3]. Dass der Inquisitor Gallus nach seiner Rückkunft nach Böhmen mit grosser Entschiedenheit gegen die Häretiker eingeschritten ist, ersehen wir aus einem Briefe des Papstes Benedict XII. vom 13. September 1341, worin er die Ueberführung der durch Gallus verhafteten Ketzer in die Gefängnisse des Prager Bischofs anordnet, da für dieselben sonst keine Kerker vorhanden seien. Zur gleichen Zeit wird Ulrich von Neuhaus von dem

    464 ff., 576 ff. – Ueber die deutsche Colonisation in Polen und Schlesien vergl. Caro, Geschichte Polens II, 525 ff., 555 f.; Grünhagen, Gesch. Schlesiens I, 36 ff., 58 ff., 87 ff., 111, 131.

  1. Zur Geschichte der Germanisirung dieses Theiles von Südböhmen und zur Geschichte der Herren von Neuhaus vergl. Tupetz, Gesch. der deutschen Sprachinsel von Neuhaus und Neubistritz in den Mittheilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen. Jahrgang XXVI (1888) Nr. 3 und 4, S. 283 ff., 359 ff.
  2. Am 18. November 1338 besiegeln beide Inquisitoren als Zeugen eine in Neuhaus von Ulrich von Neuhaus ausgestellte Urkunde. Codex dipl. et epist. Moraviae VII, 157.
  3. Cod. dipl. Mor. VII, 190.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_315.jpg&oldid=- (Version vom 17.11.2022)