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Bernhard zwischen 1308 und 1311, im Einvernehmen mit dem Erzbischof Konrad von Salzburg und dem Herzog Friedrich dem Schönen von Oesterreich, eine Anzahl von Inquisitoren, deren Thätigkeit, nach den erhaltenen Nachrichten zu schliessen, sich wieder vornehmlich auf den österreichischen Theil der Passauer Diöcese concentrirte [1]. Im Jahre 1311 finden wir die Inquisitoren in Steyer, wo sie eine Anzahl von Häretikern zum Tragen von Busskreuzen verurtheilten, Andere dem Scheiterhaufen überantworteten; ein Theil der Angeklagten entzog sich der Verfolgung durch die Flucht[2]. In den folgenden Jahren – Kaiser Friedrich’s II. Ketzergesetze waren mittlerweile durch Heinrich VII. erneuert worden[3] – dehnte sich die Untersuchung über ganz Niederösterreich aus. In dem eng begrenzten Gebiete zwischen Traiskirchen und St. Pölten waren es nicht weniger als 36 Ortschaften, in denen die Ketzerei Eingang gefunden hatte; in Krems erlitten 16, in St. Pölten 11, in Wien angeblich gar 102 Ketzer den Feuertod. Unter den Opfern der Verfolgung wird auch ein Bischof der österreichischen Ketzer genannt, der um 1315 zu Himberg (südsüdöstl. von Wien) verbrannte Neumeister, der sein Amt seit 50 Jahren verwaltet hatte. Seinem Zeugnisse zufolge zählte die Secte allein im Herzogthum Oesterreich über 80,000 Anhänger, während in Böhmen und Mähren deren Zahl eine geradezu unermessliche gewesen sein soll[4].

    aus den Kanzleibüchern des Melioranza (I f. 37, Museo civico zu Udine) benutzen, die mehrfach correcter ist, als der a. a. O. vorliegende Druck. Da das Schreiben zunächst auf Urkunden des Jahres 1313 folgt, so dürfte es ebenfalls in dieses Jahr zu setzen sein.

  1. Vergl. die Formel des sogenannten Formelbuches K. Albrecht’s I., mitgetheilt von Chmel im Archiv f. Kunde österr. Geschichtsquellen II, S. 248, sowie, bezüglich ihrer Datirung, Friess S. 226, Anm. 1.
  2. Prevenhueber, Annales Styrenses S. 47 (nach den Jahrbüchern von Garsten).
  3. Böhmer, Regesta imperii 1246–1313, S. 302, wo der kaiserliche Erlass wohl mit Recht in das Jahr 1312 gesetzt wird.
  4. Die Hauptquelle für die geschilderten Vorgänge und die folgenden Erörterungen ist der wahrscheinlich von einem Kremser Geistlichen herrührende Bericht über die 1315 (oder 1312?) zu Krems angestellte Inquisition, der uns in vier auf eine gemeinsame Quelle zurückgehenden Fassungen vorliegt (Pez, Scriptores rerum Austriacarum T. II, col. 533 ff. nach einer Hs. der Stiftsbibliothek von St. Florian, die, wie scheint, eine ältere und ursprünglichere Form des Berichtes repräsentirt, Friess S. 254 ff. nach
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 305. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_305.jpg&oldid=- (Version vom 17.11.2022)