Seite:De DZfG 1889 01 296.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

fortan die festeste Stütze der päpstlichen Partei geblieben. Während er im Jahre 1253 der Kirche den Eid unbedingter Unterwürfigkeit leistete und seine Regierung in Oesterreich und Steiermark mit einer wahren Ueberfülle von Gnaden und Vertrauensbezeigungen an den dortigen Klerus eröffnete, hat andererseits das Papstthum nicht nur die gewaltthätigsten Schritte der Politik des böhmischen Königs gutgeheissen, sondern ihm eine geradezu beherrschende Stellung auch hinsichtlich der kirchlichen Verhältnisse Südostdeutschlands zugestanden. Wir erinnern in dieser Beziehung namentlich an den Ausgang des Salzburger Kirchenstreites, zu dessen Schlichtung Otakar von Alexander IV. und Urban IV. die weitgehendsten Vollmachten erhielt, und der 1265 zur Besetzung des erzbischöflichen Stuhles von Salzburg mit einem Verwandten Otakar’s führte, während gleichzeitig ein dem Könige ergebener Prälat den bischöflichen Stuhl von Passau bestieg[1]. Das selbständige Vorgehen Otakar’s in kirchlichen Angelegenheiten, aber auch sein lebendiges Interesse für die Herstellung einer straffen kirchlichen Disciplin lernen wir aus einem Erlasse des Königs vom 16. October 1259 kennen, worin er die Visitation aller österreichischen Pfarreien und Stifter ankündigt. Mit verstecktem Tadel gedenkt das Schriftstück der bisher von dem Bischof Otto von Passau seinem Klerus gegenüber geübten Nachsicht, betont die Gefahren, welche aus den allzulange geduldeten kirchlichen Missständen für das Seelenheil des Volkes entstünden, und weist von vornherein jeden etwaigen Widerspruch gegen die Massregeln der Visitatoren mit Entschiedenheit zurück. Indem Otakar die Uebereinstimmung des Passauer Bischofs, wie es scheint, stillschweigend voraussetzt, werden von ihm zwei österreichische Geistliche mit der Ausführung der in Gemeinschaft mit dem Bischofe vorzunehmenden Visitation beauftragt[2].

Auf einem anderen Gebiete zeigt uns Otakar eine Bulle des

  1. Vergl. Lorenz, Deutsche Geschichte I, S. 88 ff., 231 ff.
  2. Mon. Boica XXIX, 2 S. 427. Damit ist wohl identisch die in Lang’s Regesta III, S. 138 aufgeführte angebliche Aufforderung Otakar’s an Bischof Otto von Passau, den österreichischen Klerus zu reformiren. Dass es in der That schlimm um die Moralität der österreichischen Geistlichen stand, zeigt uns das Beispiel des Pfarrers von Wien, Leopold, der 1250 wegen des gleichzeitigen Besitzes zweier Pfründen, Todtschlag, Ehebruch, Simonie, Meineid und Ketzerei abgesetzt und excommunicirt wurde. Mon. Boica XXIX, 2, S. 370 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 296. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_296.jpg&oldid=- (Version vom 16.11.2022)