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Kreisen Bedenken tragen, den wilden Fanatismus gegen das Ketzerthum angesichts der mit dem „furor Teutonicus“ gemachten schlimmen Erfahrungen von Neuem zu entflammen.

Aber auch die zerrütteten kirchlichen Verhältnisse Deutschlands schlossen, namentlich in den uns zunächst interessirenden südostdeutschen Landschaften, eine straffe Handhabung der kirchlichen Strafdisciplin gegen die Ketzer während der folgenden Jahrzehnte aus. Es ist bekannt, dass nach Friedrich’s II. Excommunication vom 20. März 1239 die baierischen Bischöfe mit grosser Entschiedenheit Partei für den gebannten Kaiser genommen haben; im Jahre 1240 wurde von dem päpstlichen Bevollmächtigten, dem Passauer Erzdiakon Albert von Behaim, der Bann über die Bischöfe von Freising, Eichstädt, Regensburg, Passau, den Erzbischof von Salzburg, den Herzog Friedrich von Oesterreich und zahllose Geistliche jener Bisthümer verhängt[1]. Während nach dem Jahre 1245 die baierischen Bischöfe – Eberhard II. von Salzburg ist 1245 im Kirchenbann gestorben – ihren Frieden mit Rom machten, trat Herzog Otto von Baiern 1245 von der päpstlichen Seite zur kaiserlichen über, der er trotz der gegen ihn geschleuderten Excommunication bis an sein Lebensende (1253) treu blieb. Bischof Rüdiger von Passau, der abermaligen Hinneigung zur kaiserlichen Partei verdächtig, wurde 1250, nicht ohne Anwendung von Waffengewalt, abgesetzt, die Kirchenfürsten von Salzburg, Freising und Regensburg 1249 wegen angeblichen Ungehorsams abermals excommunicirt[2]. Im Erzbisthum Salzburg endlich hatte das durch die Absetzung des Erzbischofs Philipp und die Wahl Ulrich’s von Seckau im Jahre 1256 ausgebrochene Schisma, das bis zum Jahre 1265 andauerte und abermals zahllose gegenseitige Excommunicationen der beiden Prätendenten und ihres Clerus zur Folge hatte, zu völliger Aufhebung jeder kirchlichen Ordnung und zu grauenvoller Verwüstung des Landes geführt[3]. Es ist nicht zu verwundern,

  1. Schirrmacher, Albert von Possemünster S. 54 ff.
  2. Schirrmacher a. a. O. S. 131 ff., 150ff; Riezler, Gesch. Baierns S. 74 ff., 81 ff., 93 ff., vergl. dagegen S. 98. Die Minoriten in Oesterreich erhalten 1250 vom Papst Innocenz IV. den Auftrag, das Kreuz gegen den gebannten Kaiser, seinen Sohn Konrad und deren Anhänger zu predigen. (Mitgetheilt von Friess im Archiv f. österr. Geschichte Bd. 64, S. 185.)
  3. O. Lorenz, Deutsche Geschichte im 13. u. 14. Jahrhundert Bd. I, S. 175 ff., 231 ff.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 293. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_293.jpg&oldid=- (Version vom 16.11.2022)