Seite:De DZfG 1889 01 289.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

die Mitte des 13. Jahrhunderts in Süddeutschland neben den Waldensern auch die Katharer noch verbreitet waren. Dagegen nennt Berthold’s Lehrer, der wohlunterrichtete David von Augsburg[1], dessen zwischen 1256 und 1272 verfasster Tractat über die Waldenser die von David als Inquisitor gemachten Erfahrungen zu Grunde liegen, als die gefährlichsten Ketzer seiner Zeit eben die Waldenser, neben welchen die Katharer überhaupt nicht, die Ortliber, Arnoldisten und Runcarier nur beiläufig als Abzweigungen der Waldenser erwähnt werden. Der gleichfalls aus vielseitiger eigener Erfahrung schöpfende sogenannte Passauer Anonymus ferner, dessen grosses polemisches Sammelwerk über Juden und Ketzer zwischen 1260 und 1270 in der Diöcese Passau und zwar in deren österreichischem Theile entstanden ist, kennt als ketzerische Secten in Deutschland nur noch die der Runcarier, Ortliber und Leonisten (Waldenser); die Katharer sind nach ihm damals bereits auf die Lombardei beschränkt gewesen[2].

Von dem grossen Verfolgungssturme, der in den Jahren 1230–1233 über das deutsche Ketzerthum hereinbrach[3], sind

    Aufzählung der verschiedenen Secten – unter ihnen allerdings auch Arianer! – gegen die Schöpfungslehre der Katharer, alsdann gegen die laxen Anschauungen der Waldenser (vergl. Müller a. a. O. S. 122 [98]) vom erzwungenen Eide polemisirt.

  1. Ausgabe von Preger in den Abhandlungen der histor. Classe der Münchener Akademie Bd. XIV, Abth. 2, S. 204 f., 216.
  2. Vergl. die von Müller (a. a. O. S. 148 [122]) mitgetheilte Stelle aus den Münchener Handschriften des Anonymus: Sectae haereticorum fuerunt plus quam septuaginta, quae omnes… sunt deletae praeter sectas Manicheorum et Patarinorum, quae occupant Lombardiam et praeter sectas Ordlibariorum Runcariorum et Leonistarum quae Alemanniam infecerunt. Auf Verfolgungen von Katharern in Oesterreich scheint das von Friess (a. a. O. S. 252) aus einer Handschrift von St. Florian mitgetheilte Frageformular hinzudeuten. Der Patriarch von Aquileja Bertrand (1334–1350), dessen Diöcese bekanntlich auch Krain und Theile von Kärnthen und Steiermark einschloss, erliess in seinen Synodalstatuten eingehende Verordnungen gegen das Umsichgreifen der Katharer und anderer Häretiker, die aber doch wohl nur das transalpinische Gebiet des Patriarchates betroffen haben (Rubeis, Monumenta ecclesiae Aquilejensis col. 881).
  3. Vergl. darüber namentlich Ficker, Die gesetzliche Einführung der Todesstrafe für Ketzerei, in den Mittheilungen des Instituts für österreich. Geschichtsforschung I, S. 212 ff.; Felten, Papst Gregor IX, S. 215 ff.;
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_289.jpg&oldid=- (Version vom 16.11.2022)