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Opfer auferlegt, stammt aus den theoretischen Erwägungen Fickers über die zweckmässige Abgrenzung des Kaiserreiches[1].

Es ist bekannt, dass den deutschen Fürsten ihr Wahlrecht werthvoller war, als die Verbindung Siciliens mit dem Kaiserreiche; nur so viel wusste Heinrich durchzusetzen, dass sein Sohn, das Kind Friedrich, zum deutschen König gewählt und gekrönt wurde. In seinem Testamente hat Heinrich die Lehnshuldigung für Sicilien, die er der Curie geweigert hatte, seiner Gemahlin und seinem Sohne zur Pflicht gemacht. Das Testament ist abgefasst, als der Kaiser bei durchaus unsicheren Zuständen im Reiche die gefahrvolle Reise nach dem Orient antrat; er steht unter dem Eindrucke des drohenden Zusammenbruches seiner Weltherrschaft, falls ein früher Tod ihn abberufen sollte: nur ein Bündniss mit der Curie konnte Rettung bringen. Daher galt es, diese mit allen Mitteln zu gewinnen: die Lehnshuldigung an den Papste sollte seinem Sohne die Nachfolge in Sicilien sichern; die Abtretung des matildischen Gutes und anderer mittelitalienischer Landschaften wurde als Preis für die Verleihung der Kaiserkrone ausgesetzt. Heinrich ging von der Ueberzeugung aus, dass sein Nachfolger, wenn er nur Deutschland und Sicilien in seiner Hand vereinigte, allen Feinden gewachsen sei, vor allen Dingen auch eine beherrschende Stellung gegenüber der Curie behaupten würde.

Die Entwicklung der Dinge in Deutschland und Italien nach dem Tode des Kaisers zeigte, wie richtig Heinrich die politische Lage beurtheilt hatte: die Nachfolge des jungen Friedrich wurde in Deutschland nicht anerkannt, nur der Curie hatte er es zu danken, dass ihm sein sicilisches Erbreich erhalten blieb.

In Deutschland stritten sich Philipp und Otto um die Thronfolge. Wie stellten sie sich zu der Frage der Zugehörigkeit Siciliens zum Reiche?[2]

Ich glaube, dass diese Frage in der Geschichte des Thronstreites eine grössere Rolle gespielt hat, als man anzunehmen pflegt.

  1. Ficker, Das deutsche Kaiserreich S. 76. Auf diese Ansicht Fickers komme ich noch zurück.
  2. Dass sie durch das Testament Heinrichs in dieser Frage keineswegs gebunden waren, brauche ich kaum zu berühren. Das Testament Heinrichs war kein gesetzlicher Act, da es der Unterschriften der Fürsten mangelte; es ist wohl überhaupt nicht publicirt worden.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_108.jpg&oldid=- (Version vom 9.11.2022)