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halten, dessen Autorität nicht ärger geschädigt werden konnte, als wenn es thatsächlich unausführbar war[1].

Richthofen hat bemerkt, wenn nachgewiesen würde, dass die Capitula nicht bald nach der 775 erfolgten Eroberung Sachsens erlassen seien, so müsse man annehmen, dass damals ein anderes ähnliches Decret ausgegangen sei; schon zum Schutze Sturms und seiner Genossen wäre das nothwendig gewesen[2]. Die Bemerkung ist gewiss begründet. Es scheint aber auch nichts der Annahme im Wege zu liegen, dass ein älteres Gesetz den uns vorliegenden Capitulis vorangegangen sei und dass diese wesentlich verschärfte Bestimmungen enthalten, wie sie der fortgesetzte Aufruhr des Landes in der Mitte der achtziger Jahre zu erfordern schien. Und spricht nicht auch gerade die Festsetzung der Todesstrafe auf Infidelität für solche Annahme, jedenfalls gegen den Sommer 782 als Zeit des Gesetzes?

Waitz hebt selbst hervor, dass nach den Annalen im Jahre 777 bestimmt wurde, wer sich Untreue gegen den König zu Schulden kommen lasse, solle Freiheit und Eigen (omnem ingenuitatem et alodem) verlieren; die durch die Capitula auf das gleiche Verbrechen gesetzte Todesstrafe erscheine als eine durch die wiederholten Aufstände der folgenden Jahre veranlasste Verschärfung, sie sei durch die allgemeinen Grundsätze des fränkischen Reichs über Majestätsverbrechen nicht zu erklären. Nun aber war zwar im Jahre 778 der Rachezug der Sachsen an den Rhein erfolgt, wofür sie durch die Niederlage an der Eder bestraft wurden, und als Karl selbst im folgenden Jahre wieder nach Sachsen gezogen war, hatte er an der Lippe (?) einigen Widerstand überwältigen müssen, aber von da ab war bis in den Sommer 782, drei volle Jahre lang, Ruhe im Lande gewesen, so völlig, dass der König nach der übereinstimmenden Ansicht

  1. Wenn man mit Waitz bei 782 oder gar mit Richthofen bei 777 stehen bleiben wollte, so müsste meines Erachtens der alte Titel des Gesetzes capitula de partibus Saxoniae mehr Sinn haben, als man ihm bisher beigelegt hat. Es könnte sich vielleicht auf die südwestlichen Theile des Landes beziehen, welche der fränkischen Herrschaft und namentlich der christlichen Mission schon viel geraumere Zeit zugänglich waren, als die östlichen und nördlichen Gebiete. Aber solcher Vermuthung widerspricht doch zu vieles.
  2. Zur lex Saxonum (1868) S. 179, 180.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_078.jpg&oldid=- (Version vom 8.11.2022)