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wir hier sprechen. Es war das der Graf Guido Novello von Modigliana. Dieser gehörte der bekannten Grafenfamilie der Guidi an, die langobardischen Ursprungs durch ihre Verbindung mit der Markgräfin Mathilde und später mit Kaiser Friedrich I. sich zu grossem Reichthum aufgeschwungen hatte. Gamurrini gibt ein unvollständiges Verzeichniss ihrer Güter, zählt aber doch 199 auf. In Tuscien hiessen sie im 12. und 13. Jahrhundert die Grafen (Conti) schlechthin. Rings um Florenz, bis nahe an die Stadt heran, hatten sie ihre Städte und Schlösser. In der Mitte des 13. Jahrhunderts war ihre Macht zwar schon sehr zurückgegangen und das um so mehr, als die Familie nach den Parteien des Landes gespalten war. Aber so gross war doch noch das Ansehen des Erstgeborenen der Familie, des Grafen Guido Novello, dass er gegen den Brauch noch nicht dreissigjährig zum Podestà des ghibellinisch gesinnten Arezzo gewählt wurde. Er trat dann 1251 den tuscischen Eidgenossen als selbständiges Bundesglied bei, beeilte sich aber die Feste Figline an die Florentiner zu übergeben und mit denselben Frieden zu machen, weil er sich von Verräthern umgeben glaubte. Und ähnlich hat er sein Leben lang gehandelt. Aufgeblasen und roh im Glück, war er ebenso kleinmüthig und verzagt in der Stunde der Entscheidung. Habsüchtig und eigennützig plünderte er Florenz aus, um sein Schloss Poppi auszurüsten, als er als Podestà und später als Generalvicar König Manfreds, seines Schwagers[1], dort hauste, um dann die Stadt kopflos ohne Widerstand den Guelfen zu überlassen. Durch Papst Gregor X. mit den Florentinern 1273 ausgesöhnt, griff er darauf bald wieder in die Kämpfe der Parteien in der Romagna ein. Die letzten Jahre seines langen Lebens, er starb im Januar 1293, hat er noch dadurch entehrt, dass er am Tage des Entscheidungskampfes der ghibellinischen und guelfischen Parteien Tusciens am 11. Juni 1289 von dem Schlachtfelde von Campaldino mit seinen Reisigen davonritt, ohne verabredetermassen in das Gefecht einzugreifen, während Corso Donati, der florentiner Podestà von Pistoja, sich gegen Befehl in den Kampf stürzte und rief: „Unterliegen wir, so will ich mit meinen Landsleuten sterben, siegen wir, wer wird mich in Pistoja verdammen?“ In

  1. In der Urkunde vom 7. Juni 1265 (bei Ficker, Reg. 4793) nennt ihn Manfred seinen sororius.
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Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_033.jpg&oldid=- (Version vom 2.11.2022)