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ist, dass im 12. Jahrhundert die Zunft der Wollenzeugweber nicht nur in Florenz in Blüthe stand, sondern schon als eine politische Corporation unter den übrigen sieben höheren Zünften Staatsverträge abschloss[1]. Ob schon damals die in der Reihe der Zünfte zweite Gilde, die Arte di Calimala, die Kaufmannszunft, welche sich im 13. und 14. Jahrhundert fast ausschliesslich aus den Händlern mit importirten nordischen Wollenstoffen, die in Florenz ein Veredlungsverfahren durchzumachen hatten, zusammensetzte, bestand, möchte ich bezweifeln. Denn in der Verpflanzung dieses Veredlungsverfahrens nach Florenz möchte ich das vornehmste Verdienst suchen, das sich der erst 1239 in Florenz auftretende Humiliatenorden um die Wollenmanufactur erworben hat. Denn dass sich dieser hier wirklich um die Förderung der Wollenindustrie sehr verdient gemacht hat, haben die Florentiner selbst 1250 urkundlich bekannt[2]. Die Humiliaten, welche schliesslich vor dem Westthore der Stadt, in der Umgebung der Kirche von Ogni Santi ihre Fabriken und Tuchrahmen aufgeschlagen hatten, waren hier dem Mugnonebache, dessen kaltes Wasser vorzugsweise zur Wollwäsche benutzt wurde[3], am nächsten.

Aber kaum würden die Florentiner die Wollenzeugfabrikation so schwunghaft haben betreiben können, wie wir dieses für die Mitte des 13. Jahrhunderts vorauszusetzen haben[4], wenn sie nicht im Besitze grosser Geldmittel gewesen wären. Diese aber standen ihnen auch zur Verfügung. Der Industrie drängte sich hier das Kapital fast ungerufen auf.

Die Finanzgeschichte der römischen Curie im Mittelalter ist noch nicht geschrieben. Wer sie uns geben würde, würde damit uns sicher das Verständniss vieler Vorgänge der mittelalterlichen Geschichte, die jetzt nur schattenhaft an uns vorüberziehen,

  1. S. die Urkunde in Quellen u. Forschungen etc. II, S. 192.
  2. Tiraboschi, Vetera Humiliatorum monumenta II, 101. Die Schrift von F. Mariotti, Storia del lanificio Toscano. Torino 1864 enthält nichts wesentlich Neues.
  3. Florentiae Urbis et Reipublicae Descriptio aus dem Jahre 1339. Jetzt am besten bei Frey, die Loggia dei Lanzi p. 120.
  4. In einer Urkunde vom October 1251 werden panni Sanenses qui dicuntur Florentini d. h. dem Zusammenhange nach Tücher, die in Siena nach Florentiner Weise fabricirt wurden, erwähnt.
Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_016.jpg&oldid=- (Version vom 2.11.2022)