Seite:De DZfG 1889 01 008.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

konnten. So unbedingt durch Anerkennung dieser Thatsache eine gewisse Verbindung zwischen dem Leben der Gegenwart und der Geschichtswissenschaft zugestanden wird, so entschieden liegt darin zugleich die Mahnung, wie gefährlich dieselbe doch auch der letzteren ist und wie schwere Aufgaben dadurch dem einzelnen Forscher gestellt werden.

Dürfen wir behaupten, dass in dieser Beziehung bei uns alles zum Besten bestellt ist? Es könnte vielmehr scheinen, als seien die Beziehungen zwischen Geschichtswissenschaft und Tagespolitik vielfach zu einer gefährlichen Intimität entwickelt. In der Natur der Sache liegt es, dass dabei die mächtigeren Strömungen des Tages am meisten hervortreten und die charakteristischsten Beispiele bieten. Das Bedenkliche in der Verbindung kirchlicher Politik mit Geschichtsforschung wird auch von vielen besonnenen Vertretern dieser Richtung nicht geleugnet, und andererseits ist es dem Wesen wissenschaftlicher Forschung nicht minder zuwider, wenn etwa eine sonst streng wissenschaftlich gehaltene Abhandlung über einen mittelalterlichen Chronisten in eine persönlich zugespitzte Verherrlichung gegenwärtiger Zustände ausläuft.

Auch auf unser Zeitschriftenwesen erstrecken sich diese Beziehungen; einige der allgemeineren Organe unserer Wissenschaft vertreten, zum Theil ausgesprochenermassen, zum Theil in mehr zurückhaltender Weise bestimmte politische Richtungen. Eine Zeitschrift aber als solche wird, was der Einzelne kaum vermag, völlig parteilos sein können, und der ehrliche Versuch dazu soll hier gemacht werden.

Es gilt hier lediglich die Förderung der historischen Forschung, der Wahrheit um der Wahrheit willen, unbekümmert, wem zu Leid und wem zu Freud, in voller Unabhängigkeit von jeglicher Parteirichtung. Die entgegengesetzten Auffassungen werden sich, soweit sie sich an den gegebenen historischen Stoff halten, frei äussern können; das äusserliche Hineintragen der Tagespolitik in die Forschung aber wird streng zu verpönen sein, einerlei von welcher Seite es auch kommen mag, und soweit die Redaction als solche zum Wort gelangt, wird sie sich in allem, was dieses Gebiet berührt, äusserster Zurückhaltung befleissigen. Es geschieht, um die Wissenschaft frei zu halten von schädigenden Nebenrücksichten; zugleich wird dadurch auch die Möglichkeit

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Freiburg i. Br.: Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, 1889, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_DZfG_1889_01_008.jpg&oldid=- (Version vom 2.11.2022)