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eine Quelle von Kohlensäure und darin das natürliche Lösungs- und Verbreitungsmittel seiner fixen Bestandtheile mitgegeben wird.

Erst im vierten Jahre (1853) war die Wirkung der fixen Nahrungselemente in den gesteigerten Erträgen bemerklich und ihre Nachhaltigkeit zeigte sich in der augenscheinlichsten Weise noch im sechsten.

Während die Ammoniaksalze die Erträge des zweiten Stückes (welches sieben Jahre vorher eine Mineraldüngung empfangen hatte) im Jahre 1853 um die Hälfte des Ertrages des ungedüngten Stückes erhöhten, war der Ertrag des dritten Stückes bei gleicher Ammoniakdüngung doppelt so hoch; im Jahre 1854 überstieg dessen Ertrag den des zweiten Stückes um 31, im Jahre 1855 um 45 Procent.

Es ist nicht wohl möglich für die Ungleichheit der beiden mit Ammoniaksalzen gedüngten Weizenfelder eine andere Ursache aufzufinden, als dass das eine an fixen Nahrungsstoffen für die Weizenpflanze reicher war als das andere; und nichts ist gewisser, als dass die Erträge beider Felder nicht im Verhältnisse zu den zugeführten Ammoniakmengen standen.

Und da die im Jahre 1850 dem dritten Stück einverleibten fixen Nahrungsstoffe als die nächste Ursache der in den Jahren 1853 bis 1855 darauf geernteten höheren Erträge angesehen werden müssen, so kann es wohl nicht bezweifelt werden, dass die im Jahre 1844 dem zweiten Stück gegebenen gleichen Nahrungsmittel (560 Pfund saurer phosphorsaurer Kalk und 220 Pfund kieselsaures Kali) die nächste Ursache der auf diesem Stück über das ungedüngte Stück geernteten Mehrerträge in den folgenden elf Jahren gewesen sind.

Auf Feldern von so identischer Beschaffenheit wie die Versuchsfelder von Lawes lässt sich nicht denken, dass das dritte Stück höhere Erträge in den Jahren 1853, 1854 und 1855 hätte liefern können als das zweite, wenn die darin vorhandene Summe von wirksamen Bodenbestandtheilen nicht grösser als die des zweiten gewesen wäre; und wenn die des zweiten nicht grösser als die des ungedüngten Stückes gewesen wäre, so würde auch bei diesem zweiten Stück die Höhe und Dauer der Erträge beeinträchtigt worden sein.

Es folgt daraus von selbst, dass auch die Erträge des ungedüngten Stückes im Verhältniss standen zu der Summe der im Boden vorhandenen wirksamen Bestandtheile; wäre diese Summe kleiner gewesen, so würde sich dieser Mangel in einer Verminderung der Erträge bemerkbar gemacht haben; mit der Vermehrung dieser Bodenbestandtheile auf dem zweiten Felde nahmen dessen Erträge, vermittelt durch die Ammoniaksalze, zu und eine weitere Vermehrung derselben Bestandtheile hatte auf dem dritten Felde eine noch höhere Steigerung der Erträge zur Folge, trotzdem dass dieses dritte Feld weniger Ammoniaksalze empfangen hatte als das zweite.

Es ist hieraus ferner klar, dass die Erträge und Mehrerträge abhängig waren von der Summe der Bodenbestandtheile in den drei Feldern und von dem Theile dieser Summe, welcher durch die Mitwirkung der Ammoniaksalze zur Aufnahme geschickt und geeignet gemacht wurde. Ohne die Zufuhr von fixen Bodenbestandtheilen, welche in Lawes’ Versuchen das zweite und dritte Stück empfingen, würden diese Felder nach einer kurzen Anzahl von Jahren in denselben Zustand versetzt

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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 374. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_374.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)