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mit irgend einem basischen Stoffe eingeht, der sich in nächster Berührung damit befindet und die Fähigkeit hat, eine Verbindung damit einzugehen.

Die Wirkung dieser Salze ist demnach zweierlei Art; einestheils wirken sie, in so fern die Ackerkrume an Ammoniak reicher wird, anderntheils durch die neue Verbindung, welche die Säure des Ammoniaksalzes gebildet hat. Die mit der Säure in Verbindung tretenden Alkalien und alkalischen Erden empfangen dadurch einen höheren Grad von Löslichkeit und Vertheilbarkeit im Boden. War der Boden reich an Bittererde oder Kalk, so werden sich Salze dieser Basen bilden, allein der Einfluss derselben kann mit Ausnahme des Gypses für gewisse Pflanzen nicht hoch angeschlagen werden; durch Salmiak anstatt des schwefelsauren Ammoniaks entstehen Chlormagnesium und Chlorcalcium, welche eher eine schädliche als nützliche Wirkung auf die Vegetation äussern. Dass sich Salze dieser Basen durch Zusammenbringen der Ackererde mit Ammoniaksalzen bilden und dass dieselben keinen besonders günstigen Einfluss auf die Erträge äussern können, dies sind Thatsachen, welche nicht bezweifelt werden können.

Wenn aber Theile der Ackerkrume, welche mit den Lösungen der Ammoniaksalze in Berührung kommen, an einzelnen Stellen phosphorsauren Kalk oder phosphorsaure Bittererde in Gestalt von groben Körnern, Knochenerde oder Knochenmehl enthalten, so wird sich eine Lösung dieser phosphorsauren Erdsalze bilden, die sich im Boden verbreitet.

Die Kalisalze verhalten sich in der Ackererde in Beziehung auf die Raschheit ihrer Zersetzung ähnlich wie die Ammoniaksalze, allein ganz verschieden von diesen ist das Verhalten der Natronsalze.

Von einer Lösung von salpetersaurem Natron (enthaltend ⅕ Procent Salz), welche durch ein gleiches Volum Ackererde (Bogenhauser Lehmerde) langsam hindurchsickerte, geht die Hälfte des Salzes unabsorbirt hindurch, während die andere Hälfte desselben sich in salpetersauren Kalk und salpetersaure Bittererde umsetzt. Von Chlornatrium bleiben unter gleichen Umständen ¾ des Salzes unzersetzt.

Wenn demnach ein Feld mit salpetersaurem Natron oder Kochsalz gedüngt wird und sich durch das Regenwasser eine verdünnte Lösung dieser Salze bildet, die den Boden durchdringt, so bleibt ein grosser Theil dieser Salze unverändert im Boden, und sie müssen jetzt im feuchten Erdreich eine an sich schwache, aber durch ihre Dauer mächtige Wirkung ausüben.

Aehnlich wie die Ammoniaksalze, oder wie die durch Verwesung der organischen Bestandtheile des Mistes entstehende und im Wasser sich lösende Kohlensäure, müssen diese Salzlösungen sich mit phosphorsauren Erdsalzen an allen Stellen, wo diese angehäuft oder ungebunden von der Ackerkrume vorhanden sind, sättigen, und diese Phosphate werden dadurch in den Zustand versetzt, in dem sie sich im Boden verbreiten können. Wenn die gelöst sich verbreitenden phosphorsauren Erdsalze mit anderen Stellen der Ackererde in Berührung kommen, welche nicht damit gesättigt sind, so nehmen diese die phosphorsauren Erdsalze auf und das Kochsalz oder das salpetersaure Natron behalten zum zweiten oder fortgesetzten Male das Vermögen, die nämliche auflösende und verbreitende

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Justus von Liebig: Chemische Briefe. Leipzig und Heidelberg 1878, Seite 367. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Chemische_Briefe_Justus_von_Liebig_367.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)