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vertraut, „wer seid Ihr, der Ihr hier an der Treppe sitzt?“

Bracke schoß auf wie eine Pflanze zum Licht. Er hob seine Arme wie Äste. Seine Augen wie Blüten.

„Mutter!“ jubelte er erstickt, „ich bin es, dein kranker Sohn!“

Die Gestalt wurde von Krämpfen erschüttert:

„Mein Sohn, hast du uns nicht vergessen, lebst du, lebst du noch?“

„Mutter, ich lebe und lebe nur darum, daß ich noch einmal zu euch komme, euch zu sehen, zu sprechen, zu hören. Denn ihr seid die letzten Menschen dieser Erde, die ich kenne. Ich bin so arm, daß ich keinen Menschen mehr habe. Kein Weib mich mehr liebt. Kein räudiger Hund mich zum Herrn haben möchte. Mutter, wo ist der Vater, daß er mich – endlich wieder – seinen Sohn nenne?“

Die Alte erschrak.

Sie wurde zu Lehm.

Bewegte tonlos die dürren Lippen.

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Klabund: Bracke, Berlin 1925., Seite 259. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bracke_(Klabund)_257.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)