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Da saßen der Bürgermeister und alle Stadtverordneten und Ratsherren im Ornat und ihren Amtsketten: tot.

Und er kam an das Haus des Henkers: da hockte der Henker am Herde: tot.

Ist denn nichts Lebendes, erschrak Bracke. Kein Echo meiner Stimme?

Und er hielt die Hände hohl an den Mund und schrie:

„Leben!“

Da hub die Uhr vom Rathausturm zu schlagen an. Und aus dem Gehäuse traten die zwölf Apostel, an ihren Hirtenstäben kleine Klingeln, die läuteten.

Er betete ein Vaterunser und lenkte seine Schritte zur Kirche.

Weihrauch duftete wie Pfefferkuchen zur Weihnacht.

Rote Glasfenster funkelten blutig in der Sonne.

Die Madonna in Holz geschnitzt und bunt bemalt – es war aber die Kurfürstin – thronte in einem Erker auf ihrem Altar, und sie hielt das Jesuskind auf ihren Armen.

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Klabund: Bracke, Berlin 1925., Seite 212. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bracke_(Klabund)_210.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)