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und wandelt menschlich unter Menschen! Zerblast die Gipsfiguren der Vergangenheit mit dem Sturmwind Eures neuen Atems. Legt ab den Purpur der Einzigkeit und hüllt Euch in den Mantel der Vielheit: der Bruderliebe. Macht Euch frei von dem Wahne der Ahnen. Vergessen sei Euer Wort: Regis voluntas suprema lex. Seid der erste Fürst, der freiwillig auf seine Erbrechte verzichtet und sich dem Areopag der Menschenrechte beugt. Euer Name wird dann als wahrhaft groß in den neuen Büchern der Geschichte genannt werden, in denen man nicht mehr die Geschichte der Dynastien, sondern die Geistesgeschichte der Menschheit schreiben wird. Dann werdet Ihr das Kaisertum auf Felsen gründen, während es jetzt nur mehr ein Wolkengebilde ist, das, wenn Ihr die Zeit nicht erkennt, wie bald im steigenden Sturm verflogen sein wird. –

Die Häscher des Kaisers rissen das Pergament von der Kirchentür. Zu spät. Abschriften davon wanderten durch das ganze römische Reich und hingen plötzlich an allen Kirchen- und Ratstüren.

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Klabund: Bracke, Berlin 1925., Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bracke_(Klabund)_159.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)