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Da schüttelte die Magd den Kopf:

„Nein, laßt mich Euch kniend erzählen, wie Bracke bei mir war. Er hatte kein Geld zum Nachtlager, und ich nahm ihn mit in meine Kammer. Als wir nun nebeneinander im Bett lagen, da holte er aus der Brusttasche Eure auf einem Jahrmarkt geschnittene Silhouette, Frau, betrachtete sie lange und inbrünstig, und begann mir von Euch zu erzählen. Daß es wohl keine schönere, keine bessere und keine barmherzigere Frau gäbe als Euch. Da sprach ich, denn ich wurde eifersüchtig vor so viel Lobpreisung Eurer: ‚Laßt sehen, ob ich Eurem Weibe nicht vielleicht nur wenig nachstehe.‘ Da zeigte ich ihm meine Brüste und meine schlanken Beine und sagte ihm, daß mich noch niemand berührte. Da küßte er mich und sprach: ‚Grieta wird sich mit uns freuen, wenn sie hört, wie wir zusammen glückselig waren‘ – und wir versanken ineinander.“

Grieta stand auf. Sie warf die Witwenhaube ab.

Sie küßte der Magd die Tränen von den braunen Augen und sprach:

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Klabund: Bracke, Berlin 1925., Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bracke_(Klabund)_132.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)