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Maria das letzte Leuchten. Ihrem Mund ein kleines Lächeln und ihrem ganzen Wesen ein Hauch Allmütterlichkeit. Seufzend packte Lukas sein Gerät zusammen und verabschiedete sich mit dem Versprechen, morgen wiederzukommen und das begonnene Werk im Herrn zu vollenden. In der Nacht aber wurde Maria in den Himmel abberufen, und als Lukas am nächsten Tag an die Tür ihrer Hütte pochte, antwortete ihm keine Stimme. Als er öffnete, sah er das Irdische der heiliges Mutter blaß und regungslos auf dem Lager liegen. – So kam es, daß es kein vollendetes Bild von der heiligen Frau auf Erden gibt. Auch die größten Maler aller Zeiten: ein Raffael, ein Bellini, ein Fra Angelico haben nur einen schwachen Abglanz ihrer auf die Leinwand gebracht. Immer fehlt ein letztes: dem gelangen die Augen, aber er verfehlte gänzlich die Lippen. Der malte die schönsten und zärtlichsten Hände, aber ihre Stirn war viel zu streng, ihr Haar zu wenig blond und sonnengold. Dem einzigen, der sie zu ihren Lebzeiten ganz und vollkommen

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Klabund: Bracke, Berlin 1925., Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Bracke_(Klabund)_129.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)