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das Gewissen lieber vom Meuchelmorde frei halten, wenn ohne ihn der beabsichtigte Raub gelänge, da er schlimmstenfalls noch immer die Alte zum ewigen Stillschweigen bringen könne. Genug, nach einigen martervollen Minuten ließ er ab von ihr, und schlich leise ins Comtoir. Was jetzt thun? Sie konnte sich auf nichts besinnen, sie blieb in ihrer Lage und horchte nur mit geschärftem Ohre gespannt auf. Sie vernahm deutlich, wie der Räuber drinnen die Pulte und Schränke aufschloß und Geld auf Geld in Säcke legte; sie hörte, wie er die schwere eiserne Geldkiste, die er nicht öffnen konnte, mühsam bis auf die Diele transportirte, – dann trat er wieder auf sie zu, noch einmal hatte sie dieselben schrecklichen Momente zu erleben, denn noch einmal prüfte der fürchterliche Mann mit dem Lichtstrahl und der Messerspitze ihren Scheinschlaf, und noch einmal gelang es ihr, denselben zu behaupten; – ein einzig Augenblinzeln, und der Dolch hätte sie durchbohrt. Da ließ er ab, stellte das Licht hin, schlich zur Hausthüre, öffnete sie leise, trat hinaus, um dreimal verhaltenen Tones seinen umher lauernden Spießgesellen zu pfeifen, die große Beute forttragen zu helfen. Und diesen kurzen Augenblick benutzte die tapfere entschlossene Frau zur Ausführung eines rettenden Gedankens. Wie ein Blitz, so schnell, so lautlose war sie aufgesprungen, hinter ihn her gestürzt, hatte ihn mit einem heftigen Stoß die Treppe hinunter und auf die Straße geschleudert, und die Hausthüre zugeworfen und zugeriegelt, dann hatte sie das Fenster geöffnet, um dem lange verhaltenen Todesschrecken im lautesten Hülferufen Luft zu machen. Sich selbst und ihrer Herrschaft Hab und Gut hatte die alte treue Hüterin durch ihre Entschlossenheit mit Gottes Hülfe gerettet.

Von den Räubern wurden durch herbeieilende Nachtwächter die meisten mit dem Anführer gefangen. Sie empfingen später ihren Lohn. Die brave alte Frau erholte sich

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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 369. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_369.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)