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Stoltenbarg aus Vierlanden selbst, welcher dort her kommt!“ Und als wie ick nu noch nöger käm, da stött uns’ Herrgott den Herrn Christus in de Siet, und röp em ganz hastig to: „Kumm, sta gau upp, groot’ Jung’, und laat unsen Herrn Stoltenbarg sitten!“


124. Von einer alten Einhüterin.
(Um 1750.)

Wenn man zur Sommerzeit an einem schönen Sonntag-Nachmittag durch diejenigen Straßen der Altstadt geht, in welchen die großen Kaufmannshäuser stehen, Catharinenstraße, Grimm, Wandrahmen, Gröningerstraße und da herum, so hat man ein Bild der vollständigsten Einsamkeit und Verödung. Die reichen Herrschaften sind vor den Thoren auf ihren Gartenhäusern, oder machen Lustfahrten in der Umgegend; kein Mensch, der gesund von Herzen und Beinen ist, bleibt zu Haus, als nur die, die es behüten sollen und müssen, die guten alten Einhüterinnen, welche während der schönen Jahreszeit wie Hauskobolde oder andere Spukgeister in diesen dunkeln Häusern hocken, zu deren Bewachung sie bestellt sind.

Alles ist wie ausgestorben, kein Mensch begegnet zu solcher Stunde in diesen Straßen dem einsamen Wanderer, der nur seinen Tritt wiederhallen hört, sonst keinen Laut, wo’s an Werktagen so geschäftig lärmend und gedrängt voll Menschen ist. Hie und da sieht er am Dielenfenster, oder in der offnen Hausthüre, oder auf dem Beischlag der Haustreppe, ein altes ehrliches Frauenzimmer, sonntäglich ausstaffirt, vielleicht strickend, gewiß aber neugierig auf den vorübergehenden Beobachter blickend, den sie sicher einen „sonderbaren Schwärmer“ nennen würde, wenn sie wüßte, wie das ganze Gemälde in seinem Innern sich wiederspiegelt.

Empfohlene Zitierweise:
Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 364. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_364.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)