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ihre Herrin nicht besser vertheidigen zu können, und feuerten ihre Musketen auf die Tumultuanten, von welchen einer getödtet, mehrere verwundet wurden. Nun stieg die Gefahr aufs höchste, mit Brechstangen rannten die Rasenden gegen die Hausthüre, andere brachten Pechfackeln und Strohbündel, man schrie: zündet an, schlagt Alle todt! Die beherzte Königin mußte jetzt den Bitten ihrer Gäste nachgeben und flüchten; sie warf ein Regentuch über und entkam, mit ihren Damen von wenigen Cavalieren begleitet, durch das Hinterpförtchen in den Bäckergang, von wo sie zu Fuß des Schwedischen Residenten Moller’s Haus am Speersort erreichte, in welchem sie übernachtete.

Mittlerweile hatten die übrigen Herren sich eben angeschickt, der Königin Haus und Habe bestens gegen die Trunkenbolde zu vertheidigen, die schon die Hausthüre eingerannt hatten, als die Lärmtrommeln glücklich einige Bürger-Compagnien zusammen brachten, welche im Verein mit den Garnisonstruppen unter dem Stadt-Commandanten, Obersten von Koppey, den gefährlichen Tumult glücklich bemeisterten, und die Ruhe herstellten, welche auch in Folge kräftiger Maaßregeln des Raths nicht ferner gestört wurde. Am folgenden Morgen führten einige Senats-Mitglieder die Königin auf das Feierlichste und Ehrenvollste in ihr Haus zurück. Die Entschuldigungen dieser Herren erwiederte sie mit lebhaften Dankbezeugungen, und händigte ihnen 2000 Thaler ein für die Verwundeten und für die Angehörigen der Erschossenen.

Von dieser Flucht der Königin Christina hat der enge Weg, der vom katholischen Platz in den Bäckergang führt (den damals wohl zum ersten und letzten Male einer Königin Fuß betreten hat), den Namen Christinenpförtchen empfangen und behalten.

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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 331. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_331.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)