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gesetzt, vielleicht denselben, der unter dem Namen „Roggenkiste“ erst vor etwa 30 Jahren abgebrochen worden ist. Kniphoff brachte man auf den höchsten Boden des Thurmes, weil er das Haupt der Freibeuter gewesen war; ein Stockwerk niedriger sperrte man die beiden Edelleute ein, und zu unterst die Gemeinen, so viele ihrer dort Platz fanden; die andern geringen Gefangenen wurden im Büchsen- oder Zeughause, einige auch im Baren-Thurme an der Brooksbrücke untergebracht.

Desselbigen Tages kam an den Rath ein Schreiben des Grafen Edzard von Ostfriesland; der hatte, wie gedacht, gute Freundschaft mit Claus Kniphoff gepflogen, und war auch durch König Christiern bewogen, alles Mögliche zur Rettung seines Hauptmanns zu thun. Er forderte in diesem Briefe vom Rathe die schleunige Auslieferung Kniphoff’s, seines Volkes und seiner Schiffe, da dieselben auf seinem, des Grafen, Stromgebiet gefangen und erbeutet wären. Noch selbigen Sonntags rief der Rath die Bürger aufs Rathhaus und legte ihnen die Sache vor. Die Bürger, die ihr kaiserlich Recht gegen alle Seeräuber wohl kannten, lachten des gräflichen Begehrs, und beschlossen einmüthig, dem Grafen zurückzuschreiben: wenn er unsere Schiffe und Leute haben möchte, so könnten sie ihm wohl geschickt werden, aber nur, um auch ihn, den Grafen, abzuholen, der die Seeräuber vertheidigen wolle; denn der Hehler wäre so schlecht wie der Stehler. Doch hat’s der Rath, als er dem Grafen Antwort schrieb, etwas glimpflicher und höflicher abfassen lassen, wenn schon der Sinn derselbe gewesen ist. Und der Graf hat auf solche Erwiderung nichts weiter von sich vernehmen lassen. Dagegen kam vom regierenden Könige von Dänemark, Friedrich I., ein Schreiben an den Rath, worin er diesen aufforderte, die Gefangenen zur Rechenschaft zu ziehen, scharf zu examiniren und Justiz zu üben.

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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 189. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_189.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)