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Er war in Copenhagen geboren und guter Leute Kind; sein Stiefvater, Jürgen Kock, genannt Mynter, ein Bürgermeister zu Malmoe, hatte ihn gut erzogen, und selbst ein ihm feindliches Volkslied lobt Kniphoff’s edle Sitte und feine Art. Sein rasches Aufsteigen im Kriegsdienst hatte aber seinen Ehrgeiz geweckt, der wurde sein Verderben; des Königs Auftrag: die Macht der Hansestädte zu vernichten und Norwegen zu erobern, zusammenstimmend mit seinen hochfliegenden Plänen, wie mit seiner unbedingten Anhänglichkeit für die Sache seines Herrn, in welchem er nur einen Unglücklichen sah, ließen ihn die Grenze zwischen dem ehrlichen Kriege und der Piraterie bald verkennen und überschreiten. Eine offene Kriegs-Erklärung erachtete er den Hansen gegenüber für unnöthig. Um seinem Zwecke näher zu kommen, bedurfte er noch viel größerer Mittel, weshalb er vor allen Dingen nach Beute trachtete, die er den verhaßten Hansen abgewinnen wollte. So kam’s, daß der kühne Jüngling, der zu edlerem Beruf bestimmt schien, durch Ehrgeiz und Ruhmsucht geblendet, so schnell die Ehrenbahn des Kriegers verließ und zum Freibeuter hinabsank. Aber sicherlich nicht ohne die Mitschuld eines seiner Genossen, des rothen Claus (auch Rode Claus oder Claus Rode genannt), eines kriegskundigen Abentheurers, der zu Kniphoff’s Geschwader in den Vlieländischen Gewässern kam, und sich bald so sehr des jungen Anführers Vertrauen zu erwerben verstand, daß er zunächst unter ihm befehligte. Von der Zeit an, als dieser Mensch, dessen tyrannische Bosheit und Grausamkeit die Volkslieder verwünschen, zu Kniphoff gekommen war, begannen auch dessen Frevel und Verbrechen, und füglich kann man den rothen Claus seinen bösen Dämon, seinen Teufel nennen.

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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 169. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_169.jpg&oldid=- (Version vom 28.3.2019)