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Vereinbarung, durch welche ganz ernsthaft und förmlich ein genaues Regulativ de eligendo episcopo puerorum, über die Erwählungsweise eines Kinder-Bischofs festgesetzt wird.

Nach demselben konnte ein Schüler nur einmal in seinem Leben solcher Ehre theilhaftig werden; wählbar aber war Jeder aus der ganzen Schuljugend, jung oder alt, unterm Joch oder außerm Joch, Canonicus oder Nicht-Canonicus. Es gab nämlich, wie uns diese merkwürdige Urkunde zeigt, eine Reihe von Domschülern, welche man Scholares Canonici, Kinder-Domherren, nannte, vielleicht die Besten, die Selectaner jeder Classe. Diesen aber allein stand das Wahlrecht zu, welches sie nach der Anciennität ihrer Aufnahme unter die Zahl der Kinder-Domherren ausübten. Wenn dennoch Wahlstreitigkeiten ausbrachen, so legte sich das Capitel ins Mittel und präsentirte einen Candidaten, der dann gewählt werden mußte.

Der also gekorene Episcopus puerorum hatte für die Ehre eine gewisse Erkenntlichkeit zu entrichten, ein schlichter Scholar 1 Talent (20 β), ein Kinder-Domherr 6 [M.][1] Pfennige. Den Erwählten durch Spottlieder oder Schmähgedichte, Lateinische oder Deutsche, zu kränken, und Andere dieser Wahlgeschichte wegen in solcher pasquillantischen Weise ehrenrührig anzugreifen, war den Schülern bei schärfster Ahndung verboten: es muß also vorher sehr stark in diesem Punkte gesündigt worden sein.

Der erwählte Kinder-Bischof wurde dann am St. Nicolas-Tage mit großen Pomp, bischöflich angethan, von priesterlich gekleideten Knaben und der ganzen bunten Schaar der Condiscipeln begleitet, in den Dom geführt, wo er auf dem Altar einen Ehrenplatz einnahm, und also dem ordentlichen Gottesdienst beiwohnte. Dann lag es ihm ob (vermuthlich in der großen Halle vor der Domkirche), einen bischöflichen

  1. lübische Mark
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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 91. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_091.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)