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Die zu Anschar’s frommen Zwecken angewiesenen Einkünfte des reichen Klosters Turholt in Flandern wurden ihm entzogen; daß er selbst mit seinen Priestern in Folge dessen kärglich leben mußte, bekümmerte ihn wenig, aber daß er nun seine Wohlthätigkeit verringern, seine Fürsorge für Hamburg beschränken, und den innern Ausbau des Erzstifts wie das Werk der Heidenbekehrung fast ganz einstellen mußte, das schmerzte ihn tief. Dazu kam noch größere Noth: der Krieg.

Die Normannen oder Dänen, unter ihrem Könige Erik dem Aelteren, einem Feinde des Christenthums, die bereits die Nordseeküsten verheert hatten und rheinaufwärts bis Cöln vorgedrungen waren, kühne Barbaren, deren Wildheit so erschreckend war, daß man in der Kirchenlitanei sang, „vor dem Grimme der Normannen bewahre uns lieber Herre Gott,“ – diese erschienen urplötzlich aus der Elbe und vor Hamburg.

Es war gegen Abend, als die bestürzten Hamburger die Elbe von den Normannischen Schiffen bedeckt sahen; kein geordneter Widerstand war vorbereitet, selbst der kaiserliche Schirmvogt, Graf Bernhard, war abwesende die kleine Bürgerschaar der Stadt und die wenig zahlreiche Besatzung der Burg konnten für den Schutz Anschar’s und der Kirche nichts versprechen. Dennoch wurde der Kampf versucht; aber die Schaaren der Feinde, die unaufhörlich landeten, wurden immer zahlloser. Ihre Schiffe waren zwar nur klein und faßten kaum 30 Männer, aber deshalb hatten sie durch die seichten Elbarme bis dicht an die Stadt kommen können, und die Menge der Schiffe war unabsehbar. Anschar selbst, so verlockend ihm auch der Märtyrertod vorschweben mochte, gebot den tapfern Hamburgern innezuhalten, und auf Rettung ihres Lebens durch schleunige Flucht bedacht zu sein, da Kampf wie Tod gleich fruchtlos sei. Nun suchte zu entrinnen, wer konnte, die länger verweilenden, die etwa noch Weiber, Kinder

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Otto Beneke: Hamburgische Geschichten und Sagen. Hamburg: Perthes-Besser & Mauke, 1854, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Beneke_Hamburgische_Geschichten_und_Sagen_006.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)