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er nach dem Rocke, und sah auch kein kleinstes Zeichen von einem Knopf, und das verwunderte und schauderte ihm noch mehr. Er ergriff daher den im Winde fliegenden Zipfel, damit er näher untersuchte, ob irgend in den Falten ein Knopf verborgen stecke. Aber auch da fand sich nichts. Wohl aber fühlte er etwas Hartes in den Ecken, und sah bald, daß diese mit tausend Fäden hin und her im Unterfutter so durchnäht waren, als wenn sie bis zum jüngsten Tage halten sollten. Er griff nun frisch zu mit seinen Jägerfäusten und riß den ganzen Rockzipfel zu Fetzen aus einander, und was erblickte er? Ein paar funkelnde Edelsteine fielen vor ihm auf die Erde.

Er nahm sie auf und betrachtete sie an feinem Rabenstein und an dem hellen Morgenroth, und fand, daß diese gegen jene Steine nur wie blasses Wasser waren gegen das rothe Feuer. Und hoch sprang er in die Luft empor und rief: Nun dies ist der erste Galgentanz, der etwas Anderes als Schauder und Grauel gebracht hat, und so trollte er sich davon.

Als er aber nach einer halben Stunde Galgen und Furcht weit hinter sich hatte und die Sonne schon am klaren Himmel stehen sah, da holte er die Steine wieder aus der Tasche und beschaute sie genauer, und wußte bald, was sie werth waren. Denn auf seinen vielen und weiten Seereisen hatte er viele Weltwunder und Meerwunder gesehen, und war auch gewesen, wo die schönen grünlockigen Seejungfern so zauberisch singen, daß die Schiffer den Matrosen, damit sie nicht zu ihnen in die Tiefe springen, die Ohren voll Theer gießen und mit Wachs zukleben

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen/Zweiter Theil. Berlin 1843, Seite 361. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_2_361.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)