Seite:De Arndt Mährchen 2 338.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Man hat oft gesagt: wäre Satans Reich einig, so müßte Gottes zerstreutes Häuflein lange untergegangen seyn; aber was durch Neid und Bosheit so mächtig ist, kann durch Eintracht und Liebe nicht verbunden seyn. Daher sind die meisten satanischen Gesellen und Gesellinnen und die Hexen und Hexenmeister bei aller ihrer Listigkeit und Schlauheit doch durch die Bosheit und Lüge verblendet, daß sie einander meistens nicht erkennen ja wohl in dieser Verblendung der eine des andern Arbeit zerstören müssen. Welcher ehrliche Waidmann könnte bestehen und wie sollte es mit dem Wildpret werden, wenn jeder Freischütz seine drei Schüsse täglich gebrauchen dürfte? Das ist ihnen aber von dem Obermeister in der Finsterniß verboten, weil sie sein eignes Reich dadurch mit zerstören würden.

Alle Menschen wissen, daß viele Hexen und Hexenmeister bei Tage und Nacht in ihren Geschäften in Gestalt von Vierbeinen rundlaufen oder im gefiederten Rock der Vögel herumfliegen. Nicht bloß als Affen Katzen Füchse Wölfe Marder Iltisse Wiesel und Hamster laufen sie durch Feld und Wald und schleichen um Häuser Ställe und Scheunen; nicht bloß als Eulen Krähen Raben Tagschläfer und Elstern fliegen sie umher – sondern häufig auch dürfen sie in Gestalt frommer und unschuldiger Thiere und Vögel erscheinen, und man sieht sie wohl als Hirsche Rehe und Hasen laufen, als Ziegen und Ziegenböcke springen, als ehrbare Esel und Eselinnen mit philosophischer Ruhe einherschreiten und als bunte und zierliche Meischen und Zaunkönige flattern. Da ist es nun ganz besonders, daß eine gewisse höllische Heimlichkeit, daß ein gewisser

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen/Zweiter Theil. Berlin 1843, Seite 338. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_2_338.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)