Seite:De Arndt Mährchen 2 316.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Freude und vor Schmerz, und bestürzt und erschrocken wieder darvon eilen wollen. Er hat sie aber nun nicht entfliehen lassen sondern ihre Hände gefaßt und gestreichelt und geschmeichelt und geküßt, und ihr so liebe freundliche Worte zugesprochen, daß sie gern geblieben ist. Und sie haben an des Vaters Grabe mit Entzücken gesessen und Himmel und Erde mit einander vergessen. Und die Sonne stand schon hoch am Himmel, und sie dachten nicht daran, ob es Tag oder Nacht war. Da hat es mit scharfem Klang aus dem Schlosse geklungen: Aschenbrödel! Aschenbrödel! wo bist du? und Nanthildchen ist bei diesem Rufe zusammengefahren und erschrocken aufgesprungen, und hat gesagt: Laß mich! ich muß gehen. Denn jene Stimme war ihren Ohren eine fürchterliche Gewohnheit geworden. Der König aber erstaunt hat sie gefragt, was das sey, das sie so in Angst jage? und sie hat ihm geantwortet: Ich bin jener Aschenbrödel, den du in so schändlichem Zustande in unserm Schlosse gesehen hast; und jetzt begreife ich wohl, daß sie mich so unter Schmutz und Elend versteckt haben, damit du mich nicht kennen solltest. Und der König hat noch viel mehr gefragt, und sie hat ihm nun den ganzen Jammer erzählt, wie er seit ihres Vaters Tode ihr widerfahren. Der König, nachdem er alles von ihr gelernt, hat dann im Grimm gerufen: Scheußlich! abscheulich! Für jedes Goldhaar, das sie in deinen Locken dir abgeschnitten, soll ein Faden genommen werden, und drei lange Stricke will ich draus machen und die drei Unholdinnen lebendig an Pferdeschweife binden und zu Tode schleifen lassen! – Ja bren–

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen/Zweiter Theil. Berlin 1843, Seite 316. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_2_316.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)