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runzlicht und häßlich werden und einen breiten und krummen Rücken und dicke und krumme Finger und plumpe und platte Füße bekommen, ja zuletzt viel gräulicher werden als Unsereins. Das Letzte hätten sie auch sagen können, aber das sagten sie nicht. Der abscheuliche Neid und Haß gegen das fromme und freundliche Unschuldchen glühte aber in ihnen, weil sie selbst erzhäßlich waren. Und weil dies alles noch nicht genug war und sie immer noch schön blieb gegen ihnen wie der Tag gegen der Nacht, ließen sie sie fast hungern und dursten und gaben ihr nur Kleienbrod zu essen, womit die Hunde gefüttert werden, und geboten ihr sich nimmer zu waschen noch den Schmutz abzuthun, sondern Haupt Gesicht und Hände und Füße mit Asche und Staub zu beschütten und damit begrauen zu lassen, damit kein Aug die helle Rosenfarbe, womit Gott sie geschmückt hatte, sehen könnte. Und das alles that und litt das liebe Kind geduldig und hieß in dem ganzen Hause bei der Herrschaft und Dienerschaft bald nur der dumme und häßliche Aschenbrödel.

Nur Einen Trost hatte Nanthildchen, den durfte sie sich aber vor den Bösewichten nicht merken lassen; denn hätten sie ihn gewußt, so hätten sie ihr den auch wohl versperrt Dieser Trost war die stille Nacht, die fromme verschwiegene Freundin aller betrübten und zärtlichen Seelen. Wenn alles schlief und auch der schnurrende Kater auf dem Feuerherde seine Augen zugethan hatte, um die todte Mitternacht machte Aschenbrödel sich aus ihrem Schmutze auf, worin sie in der Asche liegen mußte, wusch sich Hände und Gesicht, zog sich ein weißes Hemd an und

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen/Zweiter Theil. Berlin 1843, Seite 302. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_2_302.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)