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und zuweilen zitterte ihm das Herz im Leibe vor Begier, und der Böse in ihm flüsterte: was schadet’s denn, wenn du einen mitnimmst? der Rothe hat ja doch so viele und kann sie nicht zählen — und seine zitternden Finger fuhren unwillkürlich nach den Steinen, und wollten schon zulangen; dann rief aber immer eine bessere Stimme die donnernden Worte <SperrSchrift>Du sollst nicht stehlen</SperrSchrift>, und mit Beben floh er von dem trügerischen Glanze, und sammelte dann die an der Erde liegenden ruhig auf und legte sie auf dem Tische beisammen.

Als der Teufel sah, daß dies alles nicht verfangen wollte und daß Hans durch Feigheit und Geitz nicht zum Lügner zu machen war, sprach er bei sich: Ich dummer Tropf! ist der Gesell nicht jung und frisch und hat er nichts von dem Blute in sich, wodurch Simson um seine Locken kam und der weise König Salomon ein Narr ward? Umgelenkt! wollen es mal bei einem andern Ende angreifen und sehen, ob der Junge gegen sinnliche Lust und funkelnde Weiberaugen so stalfest ist als gegen Gold und Edelsteine. Und der Rothe fing es sehr listig an, und gleich einem klugen Ackersmann, der ein hartes Brachfeld die Kreuz und Queere durchbricht und drei vier Furchen pflügt, ehe er den Samen hineinstreut, begann er den harten Felsenboden in Hansens Herzensgrunde mit den allerlosesten und leidigsten Worten aufzulockern, und sprach bei sich: Warte Vogel! ich will dich schon kirr machen und du sollst mir in die Schlingen fliegen und fest werden, daß du nicht weißt, wie dir geschehen ist. Und tagtäglich ja stündlich, wenn sie auf der Straße waren oder

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Ernst Moritz Arndt: Mährchen und Jugenderinnerungen/Zweiter Theil. Berlin 1843, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Arndt_M%C3%A4hrchen_2_241.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)